Allgemein
Arbeitsorientierte Grundbildung
Wie wichtig sind Lesen, Schreiben, Rechnen?Alphabetisierung und Grundbildung
Die Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen, auf ihre Berufsmöglichkeiten und ihre Lebensgestaltung können gravierend sein. Alphabetisierung und Grundbildung von Erwachsenen bzw. geringe Literalität sind damit ein gesellschaftliches Querschnittsthema, denn die Anforderungen an Lese- und Schreibfähigkeiten wachsen in vielen Bereichen.
Die LEO-Studie 2018 Geringe Lese- und Schreibkompetenzen unter Erwachsenen Die LEO-Studie – Leben mit geringer Literalität untersucht die Lese- und Schreibkompetenz in der deutschen Sprache bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren. Im Jahr 2018 hatten rund 6,2 Millionen Erwachsene Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben.
Die LEO-Studie 2018 Geringe Lese- und Schreibkompetenzen unter Erwachsenen Die LEO-Studie – Leben mit geringer Literalität untersucht die Lese- und Schreibkompetenz in der deutschen Sprache bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren. Im Jahr 2018 hatten rund 6,2 Millionen Erwachsene Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben.
Ausgangslage der arbeitsorientierten Grundbildung im Jahr 2024
Entstanden ist der vorliegende Beitrag auf Basis des Beitrags „Geringe Lese- und Schreibkompetenz unter Erwachsenen“ der Autor*innen Christopher Stammer, Klaus Buddeberg und Anke Grotlüschen für die Broschüre „Grundbildung am und für den Arbeitsplatz Herausforderungen, Umsetzung und Erfolgsfaktoren “ des Fachbereichs Grundbildung von ARBEIT UND LEBEN Sachsen aus dem Jahr 2019. Ergänzend dazu wurde der Beitrag sinnhaft erweitert um Forschungsergebnisse der zurückliegenden Jahre. Den ursprünglichen Beitrag von Frau Grotlüschen, Herrn Buddeberg und Herrn Stammer finden Sie unter folgendem Link auf den Seiten 7-9:https://www.arbeitundleben.eu/fileadmin/user_upload/downloads/AL_Broschuere_Grundbildung2019_Web.pdf.
Als im Jahr 2018 die „LEO-Studie - Leben mit geringer Literalität“ die Lese- und Schreibkompetenz in der deutschen Sprache bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren untersuchte, zeigte diese auf, das rund 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben hatten. Dies entspricht 12,1 Prozent dieser Altersgruppe. Mehrheitlich beherrschen so genannte gering literalisierte Erwachsene das Lesen und Schreiben bis zur Ebene einfacher Sätze, allerdings haben sie oft erhebliche Schwierigkeiten damit, zusammenhängende Texte zu lesen oder zu verfassen. Obwohl dies eine beträchtliche Einschränkung darstellt, schließen geringe Lese- und Schreibkompetenzen Menschen keineswegs von der Erwerbsteilhabe aus. Auch wenn die Erwerbsquote deutlich geringer als die der Gesamtbevölkerung ist (75 Prozent), so war im Jahr 2018 mit 62 Prozent doch die Mehrheit der gering literalisierten Erwachsenen erwerbstätig. Die hohe Bedeutung dieser Form gesellschaftlicher Teilhabe lässt sich deutlich in Zahlen ausdrücken: rund 88 Prozent der gering literalisierten Erwachsenen geben zum Ausdruck, dass Arbeit ihnen enorm wichtig ist, weil sie ihnen das Gefühl der Zugehörigkeit und Sinnstiftung schenkt.
Zugleich berichten diese Menschen in viel höherem Maße als die restliche erwerbstätige Bevölkerung, dass sie den Verlust des Arbeitsplatzes fürchten und dass sie Schwierigkeiten erwarten, eine vergleichbare Anstellung erneut zu finden. Zudem drücken sie im Vergleich zur gesamten erwerbstätigen Bevölkerung eine geringere allgemeine Zufriedenheit mit ihrer Arbeitssituation aus. Laut LEO-Studie verfügen gering Literalisierte Erwachsene häufig über niedrige Schul- und Ausbildungsabschlüsse und üben häufig un- oder angelernte Tätigkeiten aus, weshalb ihre Teilhabe stärker gefährdet ist. Knapp 17 Prozent der Betroffenen sind arbeitslos. Sollten Stellen im Bereich einfacher Tätigkeiten künftig im wachsendem Maße über Onlineportale vergeben werden, würde das anteilig viele gering literalisierte Erwachsene vor Schwierigkeiten stellen. Lediglich rund 57 Prozent trauen sich den Umgang mit Online-Stellenbörsen ohne größere Schwierigkeiten zu (Gesamtbevölkerung rund 87 Prozent).
Gering literalisierte Erwachsene machen auch seltener von Möglichkeiten Gebrauch, sich über ihre Rechte als Arbeitnehmer*innen zu informieren. Laut eigener Aussage haben sich rund 44 Prozent der gering literalisierten Erwachsenen entsprechend informiert, während dies in der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung auf immerhin rund 65 Prozent zutrifft.
Insgesamt sind Menschen, die nicht gut lesen und schreiben können in Großstädten weniger integriert: sie erlangen dort seltener einen Schulabschluss, absolvieren seltener eine berufsfähige Ausbildung und sind weniger erwerbstätig. Zudem sind die Betroffenen hier im Schnitt jünger und haben öfter eine andere Herkunftssprache als gering literalisierte Menschen im ländlichen Raum. Auch auf die politische Teilhabe wirkt sich geringe Literalität aus: Personen, die nicht gut lesen und schreiben können, gehen seltener wählen und engagieren sich seltener. Auch Personen, die ihre politikbezogene Grundkompetenz als niedrig einschätzen, nehmen seltener an Wahlen teil und sind seltener politisch engagiert. Gering literalisierte Erwachsene schätzen ihre Grundkompetenzen deutlich niedriger ein. Sie sind also mit Blick auf ihre politische Teilhabe doppelt benachteiligt. Wer sich aufgrund schriftsprachlicher Kenntnisse oder der subjektiven politikbezogenen Kompetenz unsicher fühlt, vermeidet politische Aktivitäten.[1] Grundbildungsangebote sollten daher neben den Lese- und Schreibfähigkeiten auch das Vertrauen in die eigenen politikbezogenen Fähigkeiten stärken. Das Lesen und Schreiben auf Deutsch stellt für Menschen, die Deutsch als Fremdsprache gelernt haben und erst nach dem Schul- oder Ausbildungsabschluss als Erwachsene nach Deutschland gekommen sind, oft eine besondere Hürde dar. Die überwiegende Mehrheit von ihnen bringt aber Lese- und Schreibkenntnisse in einer Vielzahl von Sprachen mit. In der gesamten öffentlichen Diskussion um Grundbildung aber auch für den betrieblichen Zusammenhang gilt es, diese Mehrsprachigkeit stärker als Ressource anzuerkennen und zu nutzen, als das bislang geschieht.
Für Menschen, die Deutsch nicht als Herkunftssprache gelernt haben und erst nach dem Schul- oder Ausbildungsabschluss als Erwachsene nach Deutschland gekommen sind, stellt das Lesen und Schreiben auf Deutsch vielfach eine besondere Hürde dar. Die überwiegende Mehrheit von ihnen bringt aber Lese- und Schreibkenntnisse in einer Vielzahl von Sprachen mit. In der gesamten öffentlichen Diskussion um Grundbildung aber auch für den betrieblichen Zusammenhang gilt es, diese Mehrsprachigkeit stärker als Ressource anzuerkennen, als das bislang geschieht.
[1] Vgl. hierzu Anke Grotlüschen, Klaus Buddeberg und Heike Solga (Hg.) (2023): Interdisziplinäre Analysen zu LEO-Studie 2018 – Leben mit geringer Literalität. Vertiefende Erkenntnisse zur Rolle des Lesens und Schreibens im Erwachsenenalter, Wiesbaden.
Hier finden Sie den Link zur Broschüre: https://leo.blogs.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2022/09/LEO2018-Presseheft.pdf
Von der Projektwebseite https://leo.blogs.uni-hamburg.de
können Sie eine Broschüre mit weiteren zentralen Ergebnissen der LEO-Studie herunterladen
Schon gewusst?!#Alphabetisierung
Die Nationale Dekadefür Alphabetisierung und Grundbildung
Arbeitsorientierte Grundbildung als Bestandteil beruflicher Weiterbildung Ein Beitrag von Birgit Garbe-Emden – Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Koordinierungsstelle der AlphaDekade im Bundesinstitut für Berufsbildung
Arbeitsorientierte Grundbildung als Bestandteil beruflicher Weiterbildung Ein Beitrag von Birgit Garbe-Emden – Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Koordinierungsstelle der AlphaDekade im Bundesinstitut für Berufsbildung
Laut der LEO-Studie 2018 sind 62,3 Prozent der betroffenen 6,2 Millionen gering literalisierten Erwachsenen in Deutschland erwerbstätig, d.h. sie sind mehrheitlich in den Arbeitsmarkt integriert. Diese hohe Erwerbstätigkeit darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass fast die Hälfte (46,6%) der gering literalisierten Erwerbstätigen Tätigkeiten ausüben, für die keine Ausbildung erforderlich ist. Ihre geringe Literalität stellt für sie eine besondere Hürde hinsichtlich des Zugangs zu Aus- und Weiterbildung oder einer abschlussbezogenen Nachqualifizierung dar.
Um ihnen die notwendigen Weiterqualifizierungen zu ermöglichen, bedarf es Angebote der arbeitsorientierten Grundbildung. Arbeitsorientierte Grundbildung zielt in der Regel auf die Verbesserung der mündlichen und schriftlichen Kommunikation auf Deutsch, mathematischer Basiskompetenzen, des Umgangs mit digitalen Anforderungen und neuen Technologien sowie sogenannter Schlüsselqualifikationen. Der konkrete Zuschnitt der Grundbildungsangebote orientiert dabei an den jeweiligen Arbeitsanforderungen im Betrieb.Diese Angebote stellen somit eine Vorstufe oder eine Ergänzung zu weiteren berufsqualifizierenden Maßnahmen (z.B. einer berufsabschlussbezogenen Teilqualifikation) dar und tragen dazu bei, die Qualifizierungs- und Beschäftigungsfähigkeit gering literalisierter Erwachsener zu erhöhen. So konnte die wissenschaftliche Begleitung des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts ABAG2 einen eindeutigen und nachhaltigen Einfluss auf die Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz der Teilnehmenden in arbeitsorientierten Grundbildungsangeboten nachzeichnen.
Auch Personalverantwortliche in Unternehmen erkennen zunehmend den Bedarf an der Durchführung arbeitsorientierter Grundbildungsmaßnahmen. Dies zeigt die Unternehmens-befragung, die das Institut der Deutschen Wirtschaft im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts AlphaGrund vernetzt Ende 2022 durchgeführt hat. Demnach erwarten hohe Anteile der befragten Unternehmen in den kommenden fünf Jahren steigende Anforderungen in den Bereichen Flexibilität (50,3%), Kommunikationsfähigkeiten (48,4%) sowie in den Grundbildungsthemen EDV (42,6%), Lesen und Schreiben in Deutsch (34,9%) sowie Rechnen (28,9%). Gerade Unternehmen mit größeren Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung sind darauf angewiesen, ihre Beschäftigten flexibel einsetzen zu können. So begründen auch mehr als drei Viertel der Unternehmen die Durchführung von betrieblichen Grundbildungsangeboten mit dem Bedarf an breiteren Einsatzmöglichkeiten ihrer Beschäftigten. Als weitere Gründe werden Fehlervermeidung, die Anpassung der Beschäftigten an veränderte Arbeitsprozesse sowie Mitarbeiterbindung und -motivation genannt.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert seit 2012 Pilot- und Entwicklungsprojekte im Bereich der arbeitsorientierten Grundbildung, seit 2016 im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung. Während die ersten Fördermaßnahmen in erster Linie darauf abzielten, Führungskräfte, Personalverantwortliche und Betriebsräte zu sensibilisieren und für arbeitsorientierte Grundbildungsmaßnahmen zu gewinnen, Instrumente zur Feststellung des betrieblichen Grundbildungsbedarfs sowie konkrete arbeitsplatzbezogene Lehr- und Lernangebote zu entwickeln, zielt die neuere Förderung auf die Entwicklung nachhaltiger Angebots- und Beratungsstrukturen und die Verankerung von arbeitsorientierter Grundbildung in der beruflichen Weiterbildung und der Arbeitsförderung. Denn damit arbeitsorientierte Grundbildung ein Bestandteil beruflicher Weiterbildung wird und Unternehmen Grundbildungsangebote in ihre Personal-entwicklungsprozesse integrieren, bedarf es regelhafter Finanzierungsmöglichkeiten, eine grundbildungssensible Beratung (von Unternehmen, Beschäftigten und Erwerbslosen) als auch Weiterbildungsanbieter, die die individualisierte Dienstleitung der arbeitsorientierten Grundbildung in ihr Angebotsportfolio mit aufnehmen und Unternehmen proaktiv ansprechen. Das BMBF hat hier im Rahmen der AlphaDekade mit dem Förderschwerpunkt wichtige Impulse gesetzt, und auch die Bundesländer setzen zunehmend Landes – und ESF-Mittel für arbeitsorientierte Grundbildung ein.
Die erfolgreiche Institutionalisierung auf der bildungspolitischen Ebene ist auch daran erkennbar, dass das Thema der arbeitsorientierten Grundbildung in der Nationalen Weiterbildungsstrategie (NWS) in der Arbeitsgruppe Grundkompetenzen und Alphabetisierung prominent vertreten ist. Die NWS wurde 2019 von der Bundesregierung, der Bundesagentur für Arbeit, den Ländern und den Sozialpartnern ins Leben gerufen und in 2022 fortgeführt. Ein wesentliches Ziel der NWS ist es, „Weiterbildungsangebote und Fördermöglichkeiten für alle transparenter und leichter zugänglich [zu] machen und – wo nötig – [zu] erweitern“. So wird in der Arbeitsgruppe mit den o.g. NWS-Partnern und Vertreterinnen und Vertretern der Praxis austariert, wie Förderinstrumente im Rahmen des SGB II/III noch gezielter für die Menschen mit Grundbildungsbedarf genutzt werden können. Darüber hinaus wird diskutiert, wie Beratungsstrukturen für Unternehmen als auch die Weiterbildungsberatung für die Zielgruppe der gering literalisierten Beschäftigten und Erwerbslosen um das Thema „arbeitsorientierte Grundbildung“ erweitert und die Mitarbeitenden dort entsprechend informiert, sensibilisiert und qualifiziert werden können.
Ein zentrales Element dabei ist auch die Stärkung der Zusammenarbeit auf regionaler Ebene zwischen Bildungs- und Beschäftigungsträgern, den Institutionen der Arbeitsförderung sowie den Ländern und Kommunen. Mit ihrer neuesten Förderbekanntmachung greift das BMBF diesen Aspekt auf und fördert regionale Grundbildungsnetzwerke, die für spezifische Zielgruppen (z.B. gering literalisierte Beschäftigte) längere Lernwege entwickeln und erproben sollen.
Dass arbeitsorientierte Grundbildung das Potenzial hat, einen Beitrag zur Reduzierung des Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels zu leisten, ist erkannt. Es bedarf jedoch weiterer Anstrengungen aller Akteure, um arbeitsorientierte Grundbildungsangebote für Unternehmen und ihre Beschäftigten sowie für Erwerbslose leichter zugänglich zu machen und nachhaltig in der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu verankern. Nicht zuletzt können Beispiele guter Praxis dazu beitragen, Unternehmen die positiven Effekte und den Mehrwert von arbeitsorientierter Grundbildung aufzuzeigen.[8]
[1] Matthes, Britta / Severing, Eckart: Berufliche Kompetenzen von Geringqualifizierten erkennen und fördern, in: Matthes, Britta / Severing, Eckart (Hrsg.), Berufsbildung für Geringqualifizierte, Barrieren und Erträge, Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, 2017, S. 5–9.
[2] Grotlüschen, Anke / Buddeberg, Klaus (Hrsg.): LEO 2018. Leben mit geringer Literalität, wbv, 2020.
[3] Schwarz, Sabine: Arbeitsorientierte Grundbildung: Definition, Überblick und Einordnung, in: Grundbildung in der Arbeitswelt gestalten, Lernende Region – Netzwerk Köln e.V. (Hrsg.), wbv, 2021.
[4] Klinkhammer, Dennis: Wirkungen und Effekte von arbeitsorientierter Grundbildung, in: Koller, Julia; Klinkhammer, Dennis; Schemmann, Michael: Arbeitsorientierte Grundbildung, wbv, 2020.
[5] Kremers, Corinna / Plünnecke, Axel / Vahlhaus, Isabel: Zunehmende Bedeutung von Grundbildung und Weiterbildung für Geringqualifizierte, IW-Trends 03/2023, Köln.
[6] Richtlinie des BMBF zur Förderung von Entwicklungsvorhaben im Bereich der arbeitsorientierten Alphabetisierung und Grundbildung vom 28. Juli 2020, veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 5.08.2020.
[7] Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Wissen teilen. Zukunft gestalten. Zusammen wachsen. Nationale Weiterbildungsstrategie, Seite 2, Juni 2019.
[8] Richtlinie des BMBF zur Förderung von zur Förderung von Verbundvorhaben zur Entwicklung und Erprobung von Grundbildungspfaden und eines begleitenden Metavorhabens im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener vom 23. Juni 2023, veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 30.06.2023.
Schon gewusst?!#Geringe Literalität
Die Koordinierungsstelle Alphabetisierung Alphabetisierung und Grundbildung in Sachsen Um die Angebote für Grundbildung in Sachsen zu kooerdinieren und zu bündeln wurde ALFAplus als Nachfolger von KoAlpha ins Leben gerufen. Welche Ziele und Aufgaben hat diese Kooerdinierungsstelle?
Die Koordinierungsstelle Alphabetisierung Alphabetisierung und Grundbildung in Sachsen Um die Angebote für Grundbildung in Sachsen zu kooerdinieren und zu bündeln wurde ALFAplus als Nachfolger von KoAlpha ins Leben gerufen. Welche Ziele und Aufgaben hat diese Kooerdinierungsstelle?
Welche Aufgaben übernimmt die Koordinierungsstelle Alphabetisierung in Sachsen?
- zentrale Kontaktstelle in Sachsen zur Information, Beratung und Vermittlung
- landesweite Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung
- Ausbau und Koordinierung der landesweiten Vernetzung der Akteure
- Bekanntmachung der Angebotsstrukturen und Unterstützung des Ausbaus, insbesondere der Lernangebote
- fachliche Beratung, Begleitung und Professionalisierung von Akteuren
- Initiativen zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit
- Unterstützung der Vernetzung der Lernenden
ALFAplus Telefon Sachsen: 0179 – 69 46 997
Web: https://alfa-sachsen.de/
Verfügbarkeit von AoG-Dozenten und -Dozentinnen im ländlichen Raum in Sachsen Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V.
Verfügbarkeit von AoG-Dozenten und -Dozentinnen im ländlichen Raum in Sachsen Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V.
Anforderungsprofil für Dozenten und Dozentinnen in der AoG
Bei der Bestimmung eines Anforderungsprofils für Dozenten und Dozentinnen der AoG lohnt es, die Hauptpunkte einer typischen Unternehmensanfrage als Ausgangspunkt für den Einsatz pädagogischen Fachpersonals zu nehmen. Ein regelmäßig wiederkehrender (und damit repräsentativ anwendbarer) Schulungsbedarf aus den Gesprächen mit Geschäfts- und Personalleitungen gestaltet sich wie folgt: Ein, oder mehr Auszubildende unterschiedlicher Herkunft eines KMU benötigten zeitnahe und basale Unterstützung bei der Verbesserung und Anwendung ihres berufsspezifischen Sprachwortschatzes. Konkret verfolgen die zukünftigen Teilnehmenden, wie mittelbar auch die Arbeitgeber, das Ziel, die theoretische Ausbildung in der Berufsschule fehlerfrei nachvollziehen und somit die Zwischenprüfung am Ende des ersten Lehrjahres erfolgreich abzulegen zu können. Die Auszubildenden verfügen über ein vergleichbares Sprachniveau „Deutsch“ (i.d.R. A2 bzw. B1), wodurch die Umsetzung eines gemeinsamen Intensivcoachings mit einer pädagogischen Fachkraft möglich wird. Primäre Aufgabe und erster Meilenstein des Coachings bildet dabei, die Verbesserung der berufsbezogenen Sprachkompetenzen mit Fokus auf die Kompetenzbereiche „Lesen“ und „Schreiben“ im Hinblick auf mögliche Fachtermini und komplexe Arbeitsaufgaben. Im zweiten Schritt schließt sich in sinnhafter Ergänzung zu den schriftlichen Kompetenzen die Erweiterung der berufsbezogenen Kommunikationsfähigkeiten der Auszubildenden an. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die künftigen Fachkräfte sowohl die innerbetrieblichen Arbeitsabläufe verstehen, selbstständig anwenden und dokumentieren, als auch wichtige Angaben und Arbeitsaufträge an weitere Kolleg*innen kommunizieren können müssen.
Aus dem genannten Themenspektrum1 entwickelt sich das notwendige Angebotsprofil einer/s möglichen Dozenten bzw. Dozentin. Zum einen bedarf es einschlägiger, mehrjähriger Erfahrung im „DaZ“-/„DaF“-Bereich bei der Arbeit mit migrantischen Auszubildenden, bzw. Beschäftigten. Zum anderen sollten die betrieblichen Erfordernisse der jeweiligen Branche und die konkreten Inhalte der Ausbildung bekannt seien. Ausgehend von Fragestellungen wie bspw. „Welche Sprachsituationen stellen sich für die Auszubildenden während und nach der Ausbildung vor Ort beim Kunden und am Arbeitsplatz dar und wie müssen diese damit umgehen?“, gilt es Angebote der AoG so arbeitsplatznah und passgenau wie möglich umzusetzen.2 Dies resultiert aus den benötigten Grundbildungskompetenzen des konkreten Arbeitsplatzes und den individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teilnehmenden.
Erwachsenengerechte Grundbildungsdidaktik als hinreichende Voraussetzung
Die Dozenten und Dozentinnen müssen ein breites, inhaltliches Portfolio anbieten und umsetzen können und unter Zuhilfenahme von sozialpädagogischen Ansätzen, Auszubildenden wie Beschäftigten helfen, im Rahmen eines passenden Lernsettings und angepasst an ihren Lernstil neues Wissen zu erwerben und bislang ungenutzte Kompetenzen zu reaktivieren. Idealtypisch existieren auf Seiten der pädagogischen Fachkräfte bereits Vorerfahrungen aus dem jeweiligen Branchenfeld des Arbeitgebers (dies meint bspw. Themenfelder verschiedener Gewerke des Handwerks, der Pflegewirtschaft, wie auch der Lebensmittelproduktion, bzw. des -verkaufs). Des Weiteren ist der Einsatz einer erwachsengerechten Grundbildungsdidaktik und -pädagogik eine zwingende Notwendigkeit. Nur wenn eine berufsspezifische Vermittlung von Grundbildungskompetenzen gewährleistet werden kann, kommt ein Dozent oder eine Dozentin in Frage. Ein hohes Maß an Flexibilität in der Ausgestaltung der einzelnen Schulungstermine ist ebenso entscheidend (Stichwort: vor bzw. im Anschluss an die Arbeitszeiten und die Berücksichtigung der möglichen Doppelbelastung für die Teilnehmenden durch „Beruf“ und „Grundbildungscoaching“), wie die Akzeptanz von möglichen notwendigen Wiederholungen während der Coachings. Das in der Konsequenz daraus folgende geringe Lerntempo ist ein Ergebnis aus der für viele Teilnehmende unbekannten und herausfordernden Situation eines arbeitsplatznahen Lernumfelds, welches das primäre Ziel verfolgt, bisher nicht genutzte kognitive Fähigkeiten für die Berufstätigkeit (wieder) einzusetzen (bspw. Verständnis und Anwendung von Fachtermini).
Beeinflussung des Zeitmanagements durch betriebliche Arbeits- und Schulungsplanungen
Abweichend von der Vorstellung standardisierter Kursformate wie bei Volkshochschulen und anderen Bildungsträgern, sind die Angebote der AoG durch ein fluides Zeitmanagement gekennzeichnet. Im Gegensatz zu Angeboten mit einem festen Seminarprogramm und Pflichtterminen erfolgt die Konzeption von AoG-Maßnahmen anhand zweier Paradigmen:
- Einzelcoachings sind immer eingebunden in den Betriebsablauf und finden nicht losgelöst und unabhängig von den Betriebszeiten statt.
- Schulungsangebote (für Gruppen, wie für Einzelteilnehmende) werden immer berufsbegleitend geplant und durchgeführt.
Die betriebsbedingten Vorgaben (Schichtdienst, Teamstrukturen, etc.) haben einen unmittelbaren wie mittelbaren Einfluss auf den Modus und die Dauer der Einzeltermine sowie auf mögliche, geplante wie ungeplante Unterbrechungsphasen (Produktionshochphasen, welche jeden Beschäftigten benötigen; krankheitsbedingte Ausfälle). Diese Unterbrechungsphasen sind im Ausbildungsbereich im Rahmen überbetrieblicher Lernunterweisungen nach drei bis vier Wochen obligatorisch und müssen bereits bei der Planung der Einsatzzeiten der/des Dozent*in berücksichtig werden. Gerade im Handwerksbereich ist die Dreiteilung und der planmäßige Wechsel der Ausbildungs- und Schulungsorte in „Betrieb“, „Berufsschule“ und „überbetriebliche Lehrunterweisung“ (ÜLU) anzutreffen und muss bei der Planung der AoG-Angebote stets mitgedacht werden.
Gerade in Kombination bzw. in Abstimmung mit dem Ort der Durchführung des AoG-Angebots, führt dies bei einer eingeschränkten, individuellen Mobilität der Teilnehmenden, wie bei einer großen räumlichen Distanz zwischen den genannten Tätigkeitsorten der Auszubildenden zu der Ausgangslage, dass pro Ausbildungsjahr effektiv durch Urlaubs- und mögliche Krankheitsphasen nur wenige Wochen zur Umsetzung von AoG-Angeboten nutzbar bleiben. Dies hat regelmäßig zur Folge, dass auch vom Umfang her eng begrenzte Schulungen über einen relativ langen Zeitraum stattfinden. Dies zu Beginn der Angebote, auf Seiten der Arbeitgebern klarzumachen und gleichzeitig die zeitliche Erwartungshaltung im Hinblick auf „sichtbare“ Erfolgsschritte im Sinne der Auszubildenden zu reduzieren, ist im Sinne der Teilnehmenden wichtig.
Zu großer Druck auf die Teilnehmenden kann sich im Hinblick auf die Lernmotivation wie auf die -erfolge negativ auswirken. Jedes AoG-Angebot – trotz sehr guter inhaltlicher wie methodisch-didaktischer Vorbereitung und Anpassung an die Fähigkeiten des Teilnehmenden – stellt eine zusätzliche Belastung dar. Diese neben den beruflichen wie privaten Aufgaben erfolgreich zu meistern, setzt ein großes Maß an intrinsischer Motivation auf Seiten der Teilnehmenden voraus.3
Akquise von möglichen Dozenten und Dozentinnen
Bei der Akquise von Dozenten und Dozentinnen ergeben sich eine Reihe von angebotsspezifischen Anforderungen, welche bei der Auswahl und der Kontaktaufnahme berücksichtigt werden müssen. Die Mehrheit der Arbeitgeber und daraus ergebend der Betriebs- und späteren Schulungsorte haben ihren Sitz im ländlichen Raum abseits der nächsten größeren kreisfreien Städte. Eine Fahrtzeit von ca. 30min pro Wegstrecke sind für viele Teilnehmende Bestandteil der Arbeitsrealität. Die Mehrzahl geeigneter Dozenten und Dozentinnen der AoG hat ihr Arbeitsfeld im Gegensatz dazu in der Regel nicht unmittelbar vor Ort im ländlichen Raum, sondern in den angrenzenden Oberzentren, bzw. Großstädten.
Dies hat zur Folge, dass der Radius für die Akquise durch die Bildungsplanenden von AoG-Maßnahmen deutlich vergrößert werden muss (auf bis zu 80-100km), und dies im Falle einer Übereinkunft zu erhöhten Anfahrts- und Zeitkosten für die Dozenten und Dozentinnen führt, welche wiederum über einen angepassten Honorarsatz, oder explizite Reisekostenerstattungen durch den Auftraggeber, bzw. den Bildungsträger ausgeglichen werden müssen. Die „Dichte“, bzw. die Häufigkeit von frei verfügbaren Grundbildungsdozenten und -dozentinnen ist im ländlichen Raum stark reduziert. Zu erklären ist dieser Umstand zum einen durch die geringere Nachfrage an regelmäßigen Schulungen im Bereich der AoG, wodurch der ländliche Raum potenziell an Attraktivität für die Dozenten und Dozentinnen verliert und zum anderen haben eine ganze Reihe von ehemaligen Dozenten und Dozentinnen durch die langen Einnahmeausfälle im Zuge der Covid-19-Pandemie (allen voran in den Jahren 2020 und 2021) ihre Freiberuflichkeit aufgegeben.
Um dieser Entwicklung zumindest in Teilen etwas entgegenzusetzen, wird es notwendig auf bestehende regionale wie landesweite Kontakte zu anderen Bildungsträgern und Volkshochschulen (z.B. aus früheren, oder parallellaufenden Projekten) zurückzugreifen und, wenn möglich, einen „Pool“ an kurzfristig einsetzbaren Dozenten und Dozentinnen aufzubauen. Wenn dies aufgrund fehlender Voraussetzungen nicht umsetzbar ist, oder keine belastbaren Kontakte zwischen geeigneten Dozenten und Dozentinnen und dem Bildungsträger für den entsprechenden, akuten Einzelfall vorliegen, kann in letzter Konsequenz die Beauftragung von pädagogischem Fachpersonal kooperierender Bildungsträger notwendig werden. Dies ist meist mit höheren Honorarkosten und einem größeren Koordinierungsaufwand verbunden. Dieser „Rückgriff“ ist nur dann (temporär) möglich, wenn im Vorfeld – wie ausgeführt – ein eigenes, oder landesweites Netzwerk an Partner*innen aufgebaut wurde. Dieses permanent handlungsfähig zu halten, bindet wiederum personelle wie finanzielle Kapazitäten, welche für die Konzeption und Durchführung von AoG-Angeboten im Anschluss nicht mehr zur Verfügung stehen.
Eine andere Vorgehensweise dem kleiner werdenden Portfolio an Dozenten und Dozentinnen für den Bereich der AoG zu begegnen, ist es, im Verbund mit anderen Erfahrungsträgern die Expertise und den Umgang mit möglichen „Fallstricken“ bei der Konzeption und Durchführung von Einzel- und Gruppenseminaren an interessierte pädagogische Fachkräfte weiterzugeben. Im Sinne eines „train-the-trainer“-Ansatzes über das Format einer mehrtägigen Intensivschulung, gilt es Vorgehensweisen, Materialien und eigene Erfahrungswerte im Umgang mit den verschiedenen Zielgruppen (Arbeitgebern, Teilnehmende, Multiplikator*innen) zu teilen und ein Verständnis für die Ausgangslage und die Zielstellungen von Grundbildungsangeboten im Arbeitskontext zu entwickeln. ARBEIT UND LEBEN Sachsen hat dafür gemeinsam mit weiteren Landesarbeitsgemeinschaften und unter Federführung des Bundesarbeitskreises Arbeit und Leben in den Jahren 2022-2023 den Grundstein gelegt und im Rahmen der Fortbildung „Grundbildungscoach – Lernen in der Arbeitswelt gestalten“ eine erste Gruppe von zukünftigen AoG-Dozent und -Dozentinnen weitergebildet.4 Nun gilt es, die Erfahrungen und die Ergebnisse der Konzeptions- und Pilotphase der Professionalisierungsreihe in den kommenden Jahren aufzugreifen und zu verstetigen.
Träger-unabhängige Variablen bei der Konzeption und Umsetzung einer AoG-Maßnahme
Während des gesamten Zeitraums der Konzeption eines angedachten Einzelcoachings, oder eines Gruppenseminars kann jederzeit der Fall eintreten, dass der auftraggebende Arbeitgeber die Rückmeldung von Seiten eines bzw. mehrerer Kollegen bzw. Kolleginnen erhält, dass dieser, oder diese zum nächstmöglichen Zeitpunkt das Unternehmen verlässt, oder seine Ausbildung vorzeitig beendet. Dies macht eine umfangreiche Umstrukturierung des sich im Aufbau befindenden Coachings während der Konzeptionsphase nötig. Eine erneute Rückabsprache mit dem/der Dozenten/Dozentin wird zwingend erforderlich, da aufgrund der reduzierten Anzahl an verbliebenen Teilnehmer*innen ggf. nur eine geringere Anzahl an Unterrichtseinheiten und Terminen benötigt wird, oder umgesetzt werden kann. Dies führt zur Reduktion des vereinbarten Honorars, da dessen Höhe i.d.R. an die Anzahl der durchgeführten Unterrichtseinheiten gekoppelt ist. Ob die ursprünglich abgestimmten Rahmenbedingungen der geplanten AoG-Maßnahme damit weiterhin für den Dozenten, bzw. die Dozentin bestand haben, gerade wenn die Umsetzung mit einem hohen logistischen Aufwand verbunden ist, gilt es abzuklären und ggf. neu auszuhandeln (Stichwort: „finanzielle Attraktivität“ des Coachings). Doppelt kompliziert gestaltet sich die Aufrechterhaltung der geplanten Maßnahme durch den Bildungsträger, wenn nicht nur die geplante pädagogische Fachkraft an ein Mindesthonorar zur Durchführung der Maßnahme gebunden ist, sondern zudem die Gesamtfinanzierung von Seiten öffentlicher Fördermittelgeber an eine nicht zu unterschreitende Teilnehmer*innenanzahl gebunden ist. Das daraus resultierende Restrisiko verbleibt beim Bildungsträger, welcher entscheiden muss, ob er dieses tragen kann, oder nicht.
1 Weitergehende Ausführungen zu beiden angesprochenen Themen „Zielgruppe“ und „Rahmenbedingungen“ finden Sie in den jeweiligen Beiträgen dieser Broschüre.
2 Alle Angebote der AoG bewegen sich auf einem Spannungsfeld zwischen einem hohen Erwartungsdruck durch die Arbeitgeber und einer gleichzeitigen herabgesetzten Qualifizierungsfähigkeit auf Seiten der Teilnehmenden.
3 Weitere Informationen zur Weiterbildungsreihe „Grundbildungscoach – Lernen in der Arbeitswelt gestalten“ finden Sie auf der Seite des Projekts BasisKomNet (https://www.basiskom.de/fileadmin/user_upload/Einladung_Grundbildungscoach.pdf). Des Weiteren ist die Veröffentlichung eines Handbuches (inkl. der eingesetzten Materialien) für das Jahr 2024 geplant.
Praxisbericht Distanzen überbrücken, Arbeitskräfte binden: Arbeitsorientierte Grundbildung im ländlichen Raum Ein Beitrag von Anke Frey - Projektleitung von BasisKomNet
Praxisbericht Distanzen überbrücken, Arbeitskräfte binden: Arbeitsorientierte Grundbildung im ländlichen Raum Ein Beitrag von Anke Frey - Projektleitung von BasisKomNet
Arbeit und Leben hat von Beginn an einen Fokus darauf gelegt, mit dem Ansatz der AoG auch in ländlichen Regionen aktiv zu sein und insbesondere KMU zu erreichen. Seit 2012 wurde bundesweit mit rund 365 Betrieben kooperiert, durchschnittlich 67% davon sind KMU. In den Projekten BasisKom, BasisKomPlus und BasisKomNet wurden die beteiligten Landesorganisationen sukzessive von 3 auf 7 erhöht, so dass das Angebot in den Betrieben schließlich in den Bundesländern bzw. Regionen Bayern (Oberpfalz), Berlin-Brandenburg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz/Saarland und Sachsen implementiert wurde.
AoG überbrückt Distanzen
Grundbildungsangebote sind flexible, zeitlich begrenzte, freiwillige Lern- und Unterstützungsmöglichkeiten, die begleitend zur Ausbildung oder begleitend zum Job in Anspruch genommen werden können. Zielgruppen sind vor allem formal gering Qualifizierte, An- und Ungelernte und Beschäftigte mit geringen Lese-, Schreib-, Rechen- oder Digitalkompetenzen. Die Qualifizierungsangebote werden direkt zu den Beschäftigten oder den Auszubildenden gebracht, AoG-Trainer*innen sind vor Ort im Betrieb oder im Ausbildungszentrum. Kein Dachdecker-Azubi würde nach einem „normalen“ Ausbildungstag nach 8 Stunden von Mittweida eine Stunde mit dem Bus zu einem Bildungsanbieter nach Chemnitz fahren, zwei Stunden an einer Lernwerkstatt teilnehmen und eine Stunde wieder zurückfahren. Diese Idee ist schlichtweg unrealistisch. AoG überbrückt diese räumlichen Distanzen. Dies erhöht signifikant die Bereitschaft und Motivation, an einem Lernangebot teilzunehmen.
Auch werden AoG-Angebote bestmöglich mit dem Arbeits- und Ausbildungsrhythmus synchronisiert. Qualifizierungen finden in kleinen Einheiten zum Beispiel am frühen Abend bzw. unmittelbar vor oder nach Schichtbeginn statt. Die Abstimmung mit den Rahmenbedingungen der Arbeit oder Ausbildung ist ein wichtiger Faktor. Darüber hinaus hilft AoG, Distanzen zu Bildungsinstitutionen allgemein zu überbrücken, die es aus unterschiedlichen Gründen geben kann. Viele Menschen, mit denen wir es in der AoG zu tun haben, verbinden mit der Schule oder anderen formalen Bildungsinstitutionen nicht immer positive Erfahrungen.1 Mit dem „Vor-Ort-sein“ betritt der Trainer, die Trainerin das soziokulturelle Umfeld der Lernenden und passt sich diesem an – und nicht umgekehrt. Auch Bildungsplanende von Bildungsträgern bewegen sich zu den Betrieben und Beschäftigten hin und bekommen dadurch erstens Informationen zur Angebotsentwicklung (Rahmenbedingungen, Problemlagen, Inhalte) und zweitens ein Gespür für den Betrieb und die Beschäftigten (Kultur, Werte, regionale Einbettung etc.). Diese Informationen und Erfahrungen sind sehr wichtig, um schließlich eine individuell passende Ansprache zu finden, die Kommunikation gut zu steuern sowie das passende Angebot zu platzieren. Die Konzeption und Organisation eines aufsuchenden Angebots setzt eine hohe Sensibilität, Flexibilität und entprechende Ressourcen von Bildungsplanenden, als auch von AoG-Trainer*innen voraus. 2 Dies lässt sich sicher nicht durchgängig verallgemeinern, ist jedoch ein Umstand, der regelmässig aus der Praxis gespiegelt wird.
AoG als Strategie gegen den Arbeitskräftemangel
Bildung und Personalentwicklung allein können den prognostizierten Arbeitskräftebedarf nicht kompensieren. Sie sind jedoch gerade in diesem Kontext ein wichtiger Hebel, um Arbeitskräfte zu halten, zu entwickeln und nachhaltig zu binden. In aktuellen Unternehmensbefragungen wird das Thema „Mitarbeitendenbindung“ oft sogar als deutlich wichtiger eingeschätzt, als das Recruiting neuer Mitarbeitender. In diesem Zuge konnten wir in den letzten Jahren im Projekt erkennen, dass zunehmend auch Zielgruppen der AoG für die Personalentwicklung in den Blick geraten. Aus rund 800 Unternehmen, die im Rahmen des Personalpanels 2022 des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW)3 befragt wurden, bietet jedes achte Unternehmen mit Rekrutierungsproblemen mittlerweile auch Weiterbildungen aus dem Bereich der Grundkompetenzen an. Unternehmen sind bereit, hier zu investieren. Allerdings in einem gewissen Rahmen und mit Verweis auf notwendige bessere finanzielle Unterstützung und der Notwendigkeit, passgenaue Angebote und Begleitung in Anspruch nehmen zu können. Während es gelungen ist, dass sich Großunternehmen und zum Teil auch mittlere Unternehmen im Rahmen von BasisKomPlus und BasisKomNet an den Maßnahmekosten beteiligt haben, ist dies für Kleinst- und Kleinunternehmen nicht realistisch. Aufsuchende, arbeitsorientierte Grundbildung wird daher auch in Zukunft gerade in strukturschwachen ländlichen Regionen und in von KMU geprägten Wirtschaftsregionen eine hohe Bedeutung als Strategie der Arbeitskräftesicherung und Stärkung des regionalen Arbeitsmarktes haben.
1 In den Projekten BasisKom, BasisKomPlus und BasisKomNet wurden die beteiligten Landesorganisationen sukzessive von 3 auf 7 erhöht, so dass das Angebot in den Betrieben schließlich in den Bundesländern bzw. Regionen Bayern (Oberpfalz), Berlin-Brandenburg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz/Saarland und Sachsen implementiert wurde.
2 Dies lässt sich sicher nicht durchgängig verallgemeinern, ist jedoch ein Umstand, der regelmässig aus der Praxis gespiegelt wird.
3 IW Trends Nr. 3, 2023. Abrufbar unter https://www.iwkoeln.de/studien/corinna-kremers-axel-pluennecke-isabel-vahlhaus-zunehmende-bedeutung-von-grundbildung-und-weiterbildung-fuer-geringqualifizierte.html
Arbeitsplatzorientierte Grundbildung
Chancen und HerausforderungenArbeitsplatzorientierte Grundbildung
Schon gewusst?!#Grundbildung
Geringqualifizierte fördern - Fachkräfte sichern Impulse setzen: Grundbildung ist Personalentwicklung Arbeitsplatzorientierte Grundbildungsangebote sind ein wichtiger Baustein der Bildungsarbeit von ARBEIT UND LEBEN Sachsen e. V. Seit dem Jahr 2024 bündeln wir diese Seminare und Projekte in dem Fachbereich Politische Bildung/ Grundbildung.
Geringqualifizierte fördern - Fachkräfte sichern Impulse setzen: Grundbildung ist Personalentwicklung Arbeitsplatzorientierte Grundbildungsangebote sind ein wichtiger Baustein der Bildungsarbeit von ARBEIT UND LEBEN Sachsen e. V. Seit dem Jahr 2024 bündeln wir diese Seminare und Projekte in dem Fachbereich Politische Bildung/ Grundbildung.
Neben der direkten Arbeit mit den Betroffenen sind Aufklärung und Sensibilisierung des (Arbeits-)Umfeldes wichtige Bausteine bei der Bearbeitung des Themas. Dafür ist es wichtig, Unternehmen für die Problematik der geringen Literalität und ihrer Folgen zu sensibilisieren. Denn auch für Arbeitgeber in Sachsen sind qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheidend für den Unternehmenserfolg. An dieser Stelle kann arbeitsplatzorientierte Grundbildung mit Blick auf den demographischen Wandel und den Fachkräftebedarf ein lohnendes Instrument der betrieblichen Weiterbildung sein, um berufliche Potenziale von An- und Ungelernten zu nutzen. In vielen Unternehmen im Freistaat arbeiten bereits zuverlässige, langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Schulabschluss sowie andere Geringqualifizierte, die sich trotz fehlender formaler Abschlüsse wichtige Kenntnisse für ihren Arbeitsplatz angeeignet haben.
Arbeitsplatzorientierte Grundbildung und Weiterqualifizierung sind damit ein Teil der Personalentwicklung und ein zentraler Zukunftsfaktor für die Unternehmen. Attraktive Grundbildungsangebote können positive Lernerfahrungen fördern und gleichzeitig das Selbstvertrauen, die Motivation und die Lernbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken.
www.arbeitundleben.eu/leistungen/grundbildung
Schon gewusst?!#Das Alpha-Level
Alpha-Level 1: Personen fällt es schwer, einzelne Wörter zu erkennen bzw. Wortgruppen zu erfassen.
Alpha-Level 2: Personen können zwar einzelne Wörter lesen oder schreiben, jedoch keine ganzen Sätze.
Alpha-Level 3: Personen die an zusammenhängenden – auch kürzeren – Texten scheitern, auch wenn einzelne Sätze gelesen oder geschrieben werden können.
Alpha-Level 4: Personen können bei Verwendung eines alltäglichen Wortschatzes lesen und schreiben, auch auf Textebene. Trotzdem kann insbesondere die schriftliche Kompetenz stark fehlerhaft ausgeprägt sein.
Ansprache und Erreichung der Zielgruppe(n) von AoG in KMU Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
Ansprache und Erreichung der Zielgruppe(n) von AoG in KMU Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
Neben Berufsfeldern mit einem inhärent höheren Anteil an grundbildungsrelevanten Beschäftigten, existiert darüber hinaus bei der Auswahl der Zielgruppen eine Unterscheidung anhand zweier Kriterien: das Alter der Teilnehmenden sowie deren Herkunft (Erstalphabetisierung in Deutschland, oder im EU-Ausland sowie Drittstaaten). Aus diesen beiden lassen sich Aussagen ableiten, die den qualitativen, wie quantitativen Umfang der benötigten Grundbildungsangebote vor Ort am Arbeitsplatz betreffen.
Kriterium "Alter der Teilnehmenden"
Jüngere Teilnehmende von arbeitsorientierten Grundbildungsangeboten, die eine, oder mehrere Berufsausbildung(en) angefangen und mindestens eine davon zu Ende geführt haben (und ggf. bereits ein paar Jahre Berufserfahrung sammeln konnten), stehen vor der Herausforderung, die in der Schulbildung vermittelten Grundbildungskompetenzen in ihrem jeweiligen Arbeitsumfeld zur Anwendung bringen zu müssen. Gerade im Bereich mathematischer Grundbildung bereitet dies häufig mittlere bis schwerwiegende Probleme. Vormals abstrakte, mathematische Lerninhalte, bspw. die "Berechnungen am Dreieck" – Stichwort: Satz des Pythagoras –, Prozentrechnung, oder Volumenberechnungen, müssen nun im konkreten Arbeitseinsatz theoretisch wie praktisch angewendet werden. Größere, oder kleinere Lernlücken auf diesen Themengebieten können dazu führen, dass es kaum, oder gar nicht möglich ist, den Anforderungen und Erklärungen der Berufsausbildung in der Berufsschule, wie der überbetrieblichen Lernunterweisung (ÜLU) zu folgen.
Die Folge daraus ist, dass die begrenzte und damit wertvolle Zeit der berufspraktischen Lerneinheiten nur unzureichend für den benötigten Lernzuwachs genutzt werden kann. Oder einzelne Auszubildende "auf der Strecke" bleiben und Berechnungsmethoden nicht vollständig durchdringen und anwenden können (u.a. die Planung der Lernpläne die Vermittlung weiterer, komplexerer Lernbausteine notwendig werden lässt).
Unter Umständen erleben die jungen Erwachsenen damit eine ähnliche Situation wie bereits zuvor während ihrer Schulbildung, dass aufgrund von Zeitmangels relevante mathematische Inhalte nicht mehrfach wiederholt und damit schlussendlich nicht vollends verstanden werden können. Dies kann in seiner schärfsten Konsequenz zu einer Art "Retraumatisierung" bei den Auszubildenden führen, indem nicht verstandene mathematische Berechnungsarten, ähnlich wie zu Zeiten des Mathematikunterrichts in der Sekundarstufe I, zu einer schlechten Benotung und ggf. weiteren Sanktionen führen können. Die ungewollte Wiederholung dieser lernpsychologisch äußert schwierigen Situation, kann zu einer langfristigen Reduktion der Lernmotivation auf Seiten der Auszubildenden führen und die Angst bestärken, u.U. erneut aufgrund mathematischer Aufgabenstellungen teilweise, oder gar vollständig zu versagen. Die daraus resultierende Gefährdung des Ausbildungsverhältnisses, kann bei ausbleibender Lernunterstützung und der Möglichkeit zur Wiederholung im geschützten Raum, zur selbsterfüllenden Prophezeiung erwachsen und damit nachhaltig die Bildungsbiografie der Auszubildenden negativ beeinflussen.
Wichtig anzumerken ist, dass bei der Betrachtung des Lernumfelds, und dessen zeitlichen Kapazitäten bei Angeboten für Auszubildende, die individuelle Lernmotivation der einzelnen Teilnehmenden im vorliegenden Beitrag nicht berücksichtigt werden konnte. Diese kann ggf. durch den gewählten Lernort, die vorliegenden Lernmodalitäten, oder durch frühere, negative Erfahrungen maßgeblich geprägt seien. Dennoch ist der Erfolg nicht im Vorhinein bereits negativ determiniert, da in diesem Zusammenhang ebenso eine Reihe weiterer, individueller Faktoren (Relevanz von Bildung(-sförderung) im Elternhaus; Unterstützung durch Personen aus dem nahen Umfeld; emotionaler Druck durch gleichaltrige "peer-groups" und die damit verbundene Abwertung von Unterstützungsangeboten) eine maßgebliche Rolle spielen können.
Die Zielgruppe der langjährig Beschäftigten, fokussiert auf den Altersbereich von ca. 35 Jahren bis ca. 65 Jahren, ist weniger geprägt von Grundbildungsthemen zur erfolgreichen erstmaligen Gewinnung von berufsspezifischen Kompetenzen. Stattdessen steht die Notwendigkeit zur Erweiterung, und/oder zur Ergänzung bisher nicht genutzter, oder komplett neuer Grundkompetenzen, aufgrund sich fortlaufend verändernder Arbeitsumfelder, im Vordergrund der Angebote. Durch die seit ca. 15 Jahren voranschreitende Digitalisierung von Tätigkeitsbereichen verschiedenster Branchen und den gleichzeitig immer größer werdenden Dokumentationspflichten für Mitarbeitende, zwingt dies die Betroffenen dazu, Lese- und Schreibaufgaben zu übernehmen, die vorher z.T. durch Vorgesetzte ausgeführt wurden, oder noch nicht notwendig waren.
Ein anderer, aber ebenso häufiger Fall, ist die Überführung ehemals analoger Betriebsabläufe in eine neue Systematik rein digitaler Kommunikations-, Dokumentations- und Planungssysteme. Die langjährigen Kollegen und Kolleginnen sind notwendigerweise gezwungen, sich das dafür notwendige Handlungswissen parallel zu Ihren primären Arbeitsaufgaben anzueignen, oder durch gezielte Grundbildungsangebote vermittelt zu bekommen. Problematisch kann die Vermittlung neuer, oder in den vergangenen Jahren/Jahrzehnten kaum genutzter Kompetenzen dahingehend werden, dass in der Regel Beschäftigte betroffen sind, die wenig Erfahrung mit Weiterbildungen und/oder einem gezielten Wissenserwerb im beruflichen Umfeld erlangt haben.
Ausgehend vom Wissenskanon ihrer jeweiligen Ausbildung, agierten die Kollegen und Kolleginnen in der Vergangenheit ausschließlich auf der Basis ihres Erfahrungswissens und weniger durch die Aneignung formal neuer Lerninhalte. Doch dies wird notwendig, sobald sich Berufsbilder so weitreichend weiterentwickeln, dass das Kerncurriculum des Berufs um weitere, essenzielle Aspekte erweitert wird. Die fehlerfreie Anwendung dieser neuen Inhalte, ist zum einen allein auf der Basis von bisherigen Erfahrungswissen nicht möglich und umsetzbar, und zum anderen aber notwendig, um weiterhin in diesem Tätigkeitsfeld beschäftigt seien zu können. Die damit teilweise verbundene (individuelle) Frustration und Demotivation bei den Beschäftigten, gilt es im Rahmen von Angeboten der AoG bestmöglich aufzufangen und zugleich, den unmittelbaren Mehrwert der neuen Arbeitsinhalte zu vermitteln und die dafür benötigten Handlungsabläufe mehrfach, prägnant und zeitlich fokussiert zu vermitteln.
Die große Anzahl der Kollegen und Kolleginnen sind in der Regel, nach einer anfänglichen Phase der Skepsis, offen gegenüber neuen Verfahren und Instrumenten und wollen, nachdem sie Gefallen an den neuen Möglichkeiten gefunden haben, direkt am Arbeitsplatz und durch Anleitung von Fachdozenten und -dozentinnen weitergebildet werden. Vielen geht es nicht um die Aneignung neuer Fähigkeiten, sondern um die berufspraktische Weiterentwicklung ihrer vorhandenen Fertigkeiten, welche sie für die weitere erfolgreiche Mitarbeit in ihrem Unternehmen bis zum Renteneintritt benötigen.
Kriterium "Herkunft"
Im Falle des Kriteriums "Herkunft" zur Differenzierung der verschiedenen Zielgruppen von AoG ist es hilfreich, eine Verbindung zum Ansatz der "Erweiterung der Zielgruppe" von Alphabetisierungs- und Grundbildungsangeboten nach Prof. Dr. Grötlüschen und ihrem Team von der Universität Hamburg zu ziehen. Um die Teilnehmenden von AoG nicht als homogene, monolithische Gruppe darzustellen und eine gezieltere Binnendifferenzierung zu ermöglichen, steht beim genannten Ansatz die Vorstellung im Mittelpunkt, die Teilnehmenden im Bereich der Alpha-Level eins bis drei weiter zu untergliedern. Zum einen in eine Gruppe von Beschäftigten mit Muttersprache "deutsch" und einer Zuordnung zu den Alpha-Leveln 3 bzw. 3+, und zum anderen in eine Gruppe von Beschäftigten aus EU-Ländern, bzw. Drittstaaten mit "Deutsch als Fremdsprache" und den Alpha-Leveln 1 und 2. Wenn auch nicht unmittelbar genannt, schließt dies in der Praxis die Auszubildenden aus beiden Teilnehmerkreisen mit ein. Die aus dem Ansatz ableitbare Unterscheidung hinsichtlich der im Berufsalltag primär nutzbaren Fähigkeiten im Grundbildungsbereich erlaubt es, eine Akzentuierung hinsichtlich der zentralen Relevanz der Förderung der Lese- und Schreibkompetenzen vornehmen zu können.
Im Falle der Teilnehmenden mit einer Erstalphabetisierung in deutscher Sprache, fokussiert die AoG Angebote, welche Grundbildungskompetenzen konkret schult und anhand praktischer Beispiele vermittelt. Dies kann sowohl die Erweiterung der eigenen Lese- und Schreibkompetenzen in Form der fehlerfreien Anwendung von Fachtermini aus Handlungsleitfäden am eigenen Arbeitsplatz (wie bspw. häufig in der Pflegewirtschaft anzutreffen) umfassen, als auch das "wirkliche" Verstehen und Nutzen berufsrelevanter mathematischer Grundkompetenzen (wie bspw. im Bereich des Hoch- und Tiefbaus sowie des Handwerks).
Angebote der AoG operieren in diesem Fall, ausgehend von einem Alpha-Level 3 bzw. 3+, mit Sach- und Anleitungstexten, die konkrete berufsbezogene Aufgabenstellungen in den Mittelpunkt der Weiterbildung stellen. Weniger die basale Fähigkeit zur Nutzung der Sprache, des eigenen Rechenvermögens, oder digitaler Arbeitsabläufe im Berufsumfeld ist damit Gegenstand der Schulungen, als vielmehr die berufsspezifischen Eigenheiten und Herausforderungen. Diese mithilfe von AoG zu erschließen und zu überwinden, sichert langfristig Beschäftigungsverhältnisse und eröffnet Kollegen und Kolleginnen neue berufliche Handlungsfelder. Die Angebote der AoG leisten damit ihren Beitrag zur langfristigen Fachkräftesicherung und Weiterentwicklung bestehender Kompetenzen erfahrener Kollegen und Kolleginnen.
Im Altersbereich migrantischer Teilnehmer*innen bis maximal 25 Jahren, steht demgegenüber der Erwerb der deutschen Sprache bis zum Niveau B2 (und einer daran anschließenden berufsbezogenen Sprachförderung durch Grundbildungsangebote) auf einer gleichgewichteten Ebene, wie die Aneignung von berufsrelevanten Inhalten in den jeweiligen Fachkursen. Nur ein gutes berufspraktisches wie theoretisches Verständnis der Abläufe und Vorgehensweisen, wie auch die berufsrelevante Anwendung der deutschen Sprache sichern gemeinsam einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss. Dem folgend findet in der Praxis der Grundbildungsangebote eine Kombination der zu vermittelnden Inhalte (berufsbezogene Inhalte, wie gleichermaßen arbeitsplatznahe Sprachförderung) statt, welche im Sinne einer nachhaltigen Vermittlung und Unterstützung des erfolgreichen Ausbildungsabschlusses längerfristige Schulungsabschnitte umfasst. Beschäftigte aus EU-Ländern, oder Drittstaaten im Altersbereich zwischen Mitte 20 und Mitte 30 verfügen davon abweichend in der Regel über erste berufliche Kenntnisse, bzw. haben eine vollwertige Ausbildung, oder mindestens ein dreijähriges Studium in ihrem Heimatland abgeschlossen.
Berufsbezogene Tätigkeitsabläufe sind bekannt und in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrfach und routiniert durchgeführt worden. Vor diesem Hintergrund steht in der Ausarbeitung von AoG-Maßnahmen für jene Zielgruppe eine zeitlich begrenzte, dafür aber sehr intensive Aneignung der berufsbezogenen Lese-, Schreib- und Kommunikations-kompetenzen im Mittelpunkt. In der Regel sind die Teilnehmenden hochmotiviert und wollen in einem überschaubaren Zeitraum, die notwendigen Sprachkompetenzen für Ihr Arbeitsumfeld erlernen. Da der Anteil an migrantischen Beschäftigten, die deutlich über dem 45. Lebensjahr liegen, erwerbstätig sind und AoG-Angebote in Anspruch genommen haben, oder aktuell in Anspruch nehmen, sehr gering ausfällt, können für diese Zielgruppe keine weitergehenden Aussagen getroffen werden. Resultierend aus den bisherigen Bezugspunkten der AoG lässt sich aber ableiten, dass aufgrund der häufig langen beruflichen Unterbrechungsphasen, sowohl die basale, berufsbezogene Vermittlung von elementaren Lese- und Schreibkompetenzen bis zum Niveau A2, wie auch das Verständnis innerbetrieblicher Abläufe in Bezug auf Absprachen, Dokumentationen und digitalen Instrumenten von Grund auf vermittelt werden müssen.
Ableitung aus den Kriterien: der qualitative, wie quantitative Umfang der benötigten Grundbildungsangebote am Arbeitsplatz
Wie aus den vorangegangenen Erläuterungen deutlich geworden ist, existiert analog zur Bestimmung der Zielgruppe auch bei der Konzeption von Angeboten der AoG nicht DAS eine Standardcurriculum. Ausgehend von der gewählten Binnendifferenzierung in Teilnehmende des Alpha-Levels 1 bis 2 und Teilnehmenden des Alpha-Levels 3 bzw. 3+, resultieren daraus andere Vorgehensweisen im Hinblick auf den qualitativen, wie quantitativen Umfang der benötigten Grundbildungsangebote am Arbeitsplatz.
Sowohl längerfristige, häufiger stattfindende und mit einem stärker wiederholenden Ansatz angedachte Angebote, wie auch kompaktere, für ausgewählte Teilbereiche eines Tätigkeitsfeldes spezialisierte Seminare sind damit Bestandteil des AoG-Portfolios und eines ganzheitlich wirkenden Bildungsträgers.
Ausgehend von den fünf zentralen Grundbildungstechniken – Lesen, Schreiben, Sprechen, Rechnen und "digital literacy" – gilt es für die jeweils betroffene Zielgruppe, die benötigten Kompetenzbereiche auszuwählen und Schwerpunktsetzungen bei der Ausgestaltung der Angebote vorzunehmen. AoG als Teil einer Weiterbildungsstrategie muss passgenau, niederschwellig und erweiterbar in andere Themenfeldern seien. Dann kann es auch gelingen, die heterogene Zielgruppe abzuholen.
[1] Zu nennen wären hier auszugsweise die Pflegewirtschaft, die Bauwirtschaft und das Handwerk, der Bereich "Lager/Logistik", sowie die Gebäudereinigung und die HoGa-Branchen.
[2] Dies meint vor allem Auszubildende und Beschäftigte im Altersbereich bis zum 30. Lebensjahr.
[3] Mehrheitlich daraus resultierend, weil Lerninhalte öfter als zeitlich angedacht wiederholt werden müssen.
[4] Dies meint bspw. die Wiederholung ganzer Jahrgangsstufen bis hin zu einem vorzeitigen Schulaustritt ab der Klassenstufe 9.
[5] Um vorhandene Angebote der eigenständigen, oder unter Anleitung stattfindenden Wiederholung von Lerninhalten und Übungsangeboten zu unterstützen, erarbeitete ARBEIT UND LEBEN Sachsen für die Auszubildenden des sächsischen Dachdeckerhandwerks gemeinsam mit dem Landesinnungsverband des Sächsischen Dachdeckerhandwerks die Broschüre NachgeDACHt – Mathematik für Auszubildende des Dachdeckerhandwerks. Mehr Informationen hierzu finden sie in der Broschüre im Beitrag „Kooperationen mit Landesinnungen und Handwerkskammern“.
[6] Buddeberg, Dr. Klaus; Dutz, Gregor; Grötlüschen, Prof. Dr. Anke: Arbeitsorientierte Grundbildung. Zielgruppen breiter gedacht, in: Nanz, Michael; Kruse, Henning (Hrsg.): Neu denken!, Berlin 2022, S. 9-19.
[7] Gründe hierfür sind häufig komplizierte Fluchterfahrungen, welche in der Regel individuell weder geplant noch gewollt sind.
Praxisbericht Erfahrungsbericht aus Teilnehmerperspektive im Bereich Mathematische Grundbildung im Handwerk ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V. als Partner des Dachdeckerhandwerks
Praxisbericht Erfahrungsbericht aus Teilnehmerperspektive im Bereich Mathematische Grundbildung im Handwerk ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V. als Partner des Dachdeckerhandwerks
Herr Richter, ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit für ein Interview nehmen, auch wenn Sie sicherlich gerade jetzt im 3 Lehrjahr ihrer Ausbildung nicht viel freie Zeit haben.
Richter: Ich grüße Sie Herr Strunz, ja das mach ich sehr gern. Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass ich wirklich sehr dankbar für die Unterstützung bin.
Wie sind sie denn damals auf das Angebot aufmerksam geworden?
Richter: Gleich am ersten Tag der Ausbildung wurde von meinem Auszubildenden Herrn Feldner das Angebot vorgestellt. Und weil ich wusste, dass ich eine kleine Matheschwäche habe, war ich darüber sehr glücklich und hab mich direkt angemeldet.
Wie darf man sich ein solches Lernangebot vorstellen? Oder wie war das Lernangebot konkret aufgebaut?
Richter: Wir haben uns jeden Dienstagabend getroffen. Herr Wenzel hat dann immer Übungsaufgaben vorbereitet. Ich habe aber immer auch meine eignen Fragen und Aufgaben aus der Schule mitgebracht. Wir hatten immer genug Zeit um die Aufgaben von Herrn Wenzel und die Fragen von den Teilnehmern ausführlich zu bearbeiten.
Und an welchen Stellen hat Ihnen das Angebot ganz konkret geholfen?
Richter: Als Dachdecker haben wir ja viel mit Flächen zu tun und da hat mir Herr Wenzel unheimlich geholfen die Flächenberechnungen zu verstehen. Er ist immer ganz sachlich an die Themen rangegangen. Und durch die ständige Wiederholung der Übungen hat es bei mir einfach irgendwann Klick gemacht! Ganz besonders bei der Flächenberechnung, beim Dreieck mit A² * B² und so weiter, wovon ich am Anfang nicht viel Plan hatte, da hat er mir wirklich sehr geholfen. Für diese Unterstützung bin ich wirklich sehr dankbar.
Das klingt wirklich nach einem Erfolgserlebnis. Was waren Ihrer Ansicht nach die Gründe für diese gute Umsetzung des Angebots?
Richter: Da würde ich zuerst den unermüdlichen Einsatz von Herrn Wenzel nennen, der uns mit viel Geduld auch die schwierigen Aufgaben verständlich erklären konnte. Es war wichtig, dass wir uns jede Woche treffen konnten und, dass er so flexibel auf unsere Fragen eingehen konnte.
Und gab es denn trotzdem etwas, das Ihnen bei dem Angebot noch gefehlt hat, oder was man hätte anders machen können?
Richter: Für mich gab es nichts zu bemängeln oder besser zu machen. Wichtig war für mich, dass ich spätestens 21 Uhr wieder zu Hause war, um am nächsten Tag wieder fit zu sein. Wir haben immer18:30 angefangen und bis 20 Uhr gemacht, das hat also für mich gut gepasst.
Die Lernwerkstatt Mathe wurde ja extra in der Nähe des Wohnheims durchgeführt, um die Teilnahme für die Auszubildenden zu erleichtern. Hat das auch für Sie die Teilnahme erleichtert?
Richter: Ich habe zu dieser Zeit selbst gar nicht im Wohnheim gewohnt und bin deshalb immer extra eine halbe Stunde dorthin gefahren.
Da haben Sie also jede Woche auf eigene Kosten den Weg auf sich genommen um zu Herrn Wenzels Angebot zu fahren?
Richter: Ja genau, von Zwickau nach Bad Schlema! Aber ich wusste, dass es mir hilft und es hat auch einfach Spaß gemacht mit Herrn Wenzel zu arbeiten.
Das Angebot war ja offen für alle. Wie war denn die Arbeit in der Gruppe für Sie?
Richter: Es war immer sehr unterschiedlich, aber meistens waren nur wenige andere dabei, meistens nur 2 oder 3. Ich war glaub ich der einzige, der immer dabei war!
Sehen Sie Ursachen dafür, dass das Angebot von relativ wenigen Auszubildenden genutzt wurde?
Richter: Na wenn man von der Schule oder von der Ausbildungsstelle wiederkommt ist man einfach kaputt und hat oft keine Motivation nochmal extra Schule zu machen. Und man will ja abends auch mal etwas mit Freunden machen.
Das ist sehr verständlich und umso mehr haben wir uns gefreut, dass es trotzdem einige Teilnehmer wie Sie gab, die das Angebot so intensiv genutzt haben! Was würden Sie sich für die Zukunft dieser Lernwerkstatt wünschen? Hätten Sie noch andere Themenfelder die Sie einbringen würden?
Richter: Ich fände es wirklich gut, wenn das Angebot auch in Zukunft weitergeführt wird, weil es den Leuten genau da hilft, wo sie es brauchen. Weitere Themenfelder fallen mir eigentlich nicht ein. Man kann ja immer seine eigenen Fragen und Aufgaben mitbringen und diese gemeinsam berechnen. Damit konnten in der Lernwerkstatt eigentlich alle Themen abgedeckt werden. Insgesamt fand ich das Angebot so wie es war genau richtig.
Das ist ein schönes Abschlusswort von Ihnen. Damit möchte ich mich ganz herzlich für das Interview bedanken und wünsche Ihnen für Ihre Ausbildung und ihre Arbeit als Dachdecker alles Gute.
Richter: Ja, ich denke, ich bin jetzt gut vorbereitet! Vielen Dank auch an Sie.
Landesbildungszentrum des sächsischen Dachdeckerhandwerks e.V. https://www.dachdeckerinsachsen.de/de/das-lbz/
Kooperationen mit Landesinnungen und Handwerkskammern Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
Kooperationen mit Landesinnungen und Handwerkskammern Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
AoG kann mit Blick auf den demographischen Wandel und den Fachkräftebedarf ein lohnendes Instrument der betrieblichen Weiterbildung sein, um berufliche Potenziale von An- und Ungelernten zu nutzen. In vielen Unternehmen im Freistaat Sachsen arbeiten zuverlässige, langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Schulabschluss sowie weitere Geringqualifizierte, die sich trotz fehlender formaler Abschlüsse wichtige Kenntnisse für ihren Arbeitsplatz angeeignet haben. Arbeitsplatzorientierte Grundbildung und gezielte Weiterqualifizierungen sind damit ein Teil der moderner Personalentwicklung und ein zentraler Zukunftsfaktor für viele Unternehmen. Attraktive Grundbildungsangebote können positive Lernerfahrungen fördern und gleichzeitig das Selbstvertrauen, die Motivation und die Lernbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken.
Neben der Koordinierung und Umsetzung der relevanten Kriterien auf Mikro- und Mesoebene (Lernzeiten und Lernorte, die Ansprache der primären Zielgruppe und die Akquise geeigneter Dozent*innen), nimmt die Verankerung von AoG-Maßnahmen bei Partnern der beruflichen Ausbildung auf Makroebene eine wichtige Rolle ein. Als Bindeglied zwischen den Einzelbetrieben und den Bildungsträgern mit Angeboten der AoG, unterstützen Kammern (Industrie- und Handelskammern, wie auch Handwerkskammern) und (Landes-)Innungen als berufsspezifische Experten beim bedarfsgerechten Einsatz von Grundbildungsangeboten in den Betrieben. Durch ihre Rolle als Interessenvertretung setzen sich diese in besonderen Umfang mit Themen der innerbetrieblichen Personalentwicklung auseinander und entwickeln gemeinsam mit und zielgerichtet für Ihre KMU Weiterbildungsangebote für alle Belegschaftsgruppen. Aus den genannten Gründen war es für ARBEIT UND LEBEN Sachsen in den zurückliegenden Jahren naheliegend und aus qualitativer Sicht eine „weitere Stufe“ der Professionalisierung, gezielte Strukturen der Kooperation mit betrieblichen Interessenvertretungen aufzubauen.
Ausgehend von einer für beide Seiten fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Landesinnungsverband des Sächsischen Dachdeckerhandwerks (LIV) ab dem Jahr 2019, erweiterte sich das Netzwerk der strategischen Partner ab dem Jahr 2022 um die sechs sächsischen IHKs und HWKs. Mit dem Schwerpunkt „mathematischer Grundbildung“ aus einer Kombination von analogen und digitalen Lernangeboten, steht die passgenaue Vermittlung und Weiterentwicklung berufsrelevanter Kompetenzen zum Zeitpunkt des Übergangs von Schule zu Beruf, sowie während der gesamten Ausbildungsjahre im Mittelpunkt der Kooperation. Primär die immer größer werdenden Wissenslücken zwischen den realen Kompetenzlevel vieler Schulabsolventen und -absolventinnen und der benötigten Ausbildungsreife im Hinblick auf ein Mindestniveau an mathematischer Grundbildung, sorgt für eine höhere Anzahl an Wiederholungseinheiten während der Ausbildung und bei einer ganzen Reihe von Auszubildenden auch zu einem Abbruch der Ausbildung. Da dies für viele KMU vor dem Hintergrund eines im ländlichen Raum täglich spürbauen Fachkräftewegzugs und dem damit einhergehenden Mangel an qualifiziertem Personal doppelt fatal ist, gilt es dieser Entwicklung aktiv entgegenzuwirken. Auch die mittelfristig große Anzahl aus dem Erwerbsleben ausscheidender Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der Geburtenkohorte zwischen 1955-1969, bereitet vielen KMU große Probleme ihre benötigten Fachkräfte weiterhin ausreichend besetzen zu können.
Genese und Produkte der Kooperation mit dem LIV
Nach den Vorarbeiten im Rahmen des Projekts BasisKomPlus (Zeitraum: 2019-2021) und einer sich anschließenden umfangreichen und intensiven Konzeptions- und Layoutphase, war es möglich die Broschüre NachgeDACHt – Mathematik für Auszubildende des Dachdeckerhandwerks im Spätsommer 2022 fertigzustellen und zur Gesellenfreisprechung und Meisterfeier des LIV und dessen Landesbildungszentrum des Sächsischen Dachdeckerhandwerks e.V. (LBZ) der Öffentlichkeit vorstellen zu können. Bereits während der letzten Arbeitsschritte im Zuge der Printveröffentlichung reifte die Idee, den Auszubildenden des Dachdeckerhandwerks jenseits der Broschüre in ihrer Ausbildung zu unterstützen. Um das Ziel zu erreichen, ein multimediales und zielgruppengerechtes Portfolio umzusetzen und damit sowohl den verschiedenen Lernstilen der Auszubildenden gerecht zu werden, als auch das Themenfeld „mathematische Grundbildung“ mit den Instrumenten digitaler Bildung zusammenzubringen, entschied sich ARBEIT UND LEBEN Sachsen für eine Erweiterung des Produktangebots. Dies meint zum einen die Veröffentlichung einer zur Broschüre NachgeDACHt inhaltlich passenden Formelsammlung in der Größe DIN-A5, welche es durch ihr kompaktes Format ermöglicht, die wichtigsten Grafiken, Formeln und Berechnungsgrundlagen während der überbetrieblichen Lehrunterweisung neben dem Werkstück „zur Hand“ zu haben.
Theorie und Praxis rücken somit noch ein Stück näher zusammen und werden für die Auszubilden praktisch erfahrbar, welches im Bereich mathematischer Kompetenz für viele Teilnehmenden einen entscheidenden Unterschied darstellt. Zum anderen entschied sich ARBEIT UND LEBEN Sachsen für die Produktion von zwanzig Lernvideos auf Basis ausgewählter Übungsaufgaben aus der Broschüre NachgeDACHt.Als im Zuge einer bundesweiten Ausschreibung mit den Kollegen von MatheMind[1] Spezialisten für die Thematik „mathematische Kompetenz, Zielgruppe junge Erwachsene und berufsbezogene Anwendung“ beauftragt werden konnten, konnte der Produktionsprozess rasch umgesetzt werden. Die Auswahl der relevanten Übungsaufgaben folgte dabei zwei Prämissen: Um die Entwicklung der Videos im Sinne einer Nachhaltigkeit und Verwendbarkeit auch jenseits der Zielgruppe der Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk nutzen können, wurden im Falle der ersten Hälfte der Lernvideos Aufgaben ausgewählt, welche mathematische Aufgabenstellungen bearbeiten, die so, oder leicht abgewandelt, ebenfalls in anderen Handwerksberufen Relevanz haben und damit dort zukünftig zum Einsatz kommen können.
Die zweite Hälfte der Lernvideos widmet sich dagegen intensiv Aufgaben, die komplexe mehrstufige Berechnungen beinhalten und voraussetzen, dass die erworbenen mathematischen Grundkompetenzen aus allen Lehrjahren der Ausbildung erfolgreich angewendet werden können. Da die in den Aufgaben vorgestellten Dachkonstruktionen und deren Berechnung unmittelbar relevant für den erfolgreichen Abschluss der Abschlussprüfung der Auszubildenden sind, leisten die Lernvideos in Kombination mit der Broschüre NachgeDACHt einen wichtigen Beitrag, die begonnenen Ausbildungsverhältnisse zufriedenstellend beenden zu können. ARBEIT UND LEBEN Sachsen war es auf diese Weise erneut möglich, mit dem Produkt der Lernvideos ein sozialpartnerschaftliches Angebot für die Auszubildenden des Dachdeckerhandwerks auf den Weg zu bringen und im Rahmen der Gesellenfreisprechung und Meisterfeier des LIV und des LBZ der Fachöffentlichkeit im September 2023 vorzustellen. Abrufbar auf dem YouTube-Kanal von ARBEIT UND LEBEN Sachsen (https://t1p.de/NachgeDACHt_Lernvideos), wie auf der Homepage des LIV (https://www.dachdeckerinsachsen.de/de/der-liv/nachgedacht-mathematik-fur-auszubildende-im-dachdeckerhandwerk/) stehen die Videos allen Interessierten, allen Betrieben und allen Auszubildenden „on demand“ und zeitlich unbegrenzt zur Verfügung.
Da die Broschüre NachgeDACHt im LBZ seit dem Herbst 2022 obligatorisch im Rahmen der ÜLU im ersten Lehrjahr der Ausbildung zum/zur Dachdecker/Dachdeckerin genutzt wird, setzte sich ARBEIT UND LEBEN Sachsen im Anschluss zum Ziel, die beiden Produkte – Broschüre und Lernvideos – in der Lernpraxis der Auszubildenden zusammenzuführen. Mit dieser Zielsetzung wurde die Broschüre NachgeDACHt einer umfangreichen erneuten Korrektur unterzogen und die Lernvideos im Lösungsteil der Broschüre in Form von QR-Codes ergänzt. Mit der im Dezember 2023 veröffentlichten zweiten Auflage der Broschüre NachgeDACHt[2] wird es ab sofort möglich, die Lernvideos im Rahmen eines Lernangebots (zentral wie dezentral) direkt in die Methodik und Lehrunterweisung einzubinden und bedarfsgerecht zum Einsatz kommen zu lassen. Da die Videos über jedes digitale Endgerät abgerufen werden können, sind die digitalen Einstiegshürden für die Lehrenden, wie die Lernenden so gering wie möglich.
Die über den Zeitraum der Projekte BasisKomPlus und BasisKomNet aufgebaute Kooperation mit dem LIV in Dresden und dessen LBZ in Aue-Bad Schlema, bietet mit ihrer Fokussierung auf praxisnahe Angebote und Produkte für Auszubildende des Handwerks, großes Potential über das aktuelle Projektende im Jahr 2024 hinaus weiter fortgeführt zu werden. Gerade die konsequente Weiterentwicklung der ersten gemeinsamen Produkte hin zu einer methodisch-didaktischen Verbindung aus mathematischer Grundbildung und Formen digitaler Bildung bietet die Chance, AoG in den kommenden Jahren noch stärker zu einem Instrument individueller Lernunterstützung für die Auszubildenden auszubauen.
Besonderheiten bei der Umsetzung von AoG mit Auszubildenden
Bei der Konzeption von Angeboten der AoG im Handwerk für die Zielgruppe der Auszubildenden gilt es eine Reihe von Prämissen zu berücksichtigen, die langfristig über den Erfolg der Angebote entscheiden. Das Handwerk muss zum einen gewerkübergreifend mit einer heterogenen Ausgangslage im Hinblick auf die Kompetenzen der Schulabsolventen und -absolventinnen umgehen. Im Bereich Mathematik beginnen die Auszubildenden Ihre Ausbildung mit sehr unterschiedlichen Leistungsniveaus. Dies reicht von belast- und anwendbaren Kenntnissen der Mathematik aus den Klassenstufen 9 und teilweise 10, bis hin zu rudimentären und nicht in der Praxis umsetzbaren Basiskompetenzen bis maximal zur Klassenstufe 7. Dies bedeutet für die Ausbildungspraxis, das bereits einfachste Berechnungen wie das Umstellen einer Formel, oder elementare Prozent-, oder Flächenberechnungen (Stichwort: „Satz des Pythagoras“) große Schwierigkeiten bereiten. Zum anderen hat die AoG zum jetzigen Zeitpunkt (leider) noch eine Art „Imageproblem“. Von vielen, besonders männlichen Auszubildenden wird sie zu Beginn als rein „uncoole“ und nervige Nachhilfe hingestellt.
Doch das Gegenteil ist der Fall. AoG hat bei jungen Beschäftigten nicht das Ziel, allgemeine Lerninhalte oder bekannte Lernpraktiken der Mathematik aus der Schulausbildung zu wiederholen. Stattdessen steht die persönliche Weiterentwicklung und die Bearbeitung individueller Unterstützungsbedarfe im Vordergrund, immer mit dem Ziel, die Ausbildung bis zum Ende sicherzustellen und bestmöglich abzuschließen. AoG mit und für Azubis ist kein „Muss“, sondern ein freiwilliges „Können“ für die eigene Weiterentwicklung im Verständnis eines „lebenslangen Lernens“. Ein hohes Maß an Eigenmotivation und eine realistische Reflexion der eigenen Kompetenzen von Seiten der Auszubildenden bildet dabei eine hinreichende Voraussetzung.Ausbilder und Ausbilderinnen leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag. Sie können die Auszubildenden aktiv ermutigen und anregen, AoG in Anspruch zu nehmen und die persönlichen Wissenslücken anzugehen und mittelfristig zu schließen. Neben der individuellen Unterstützung gilt es in den nächsten Jahren, die Angebote der Grundbildung gleichwertig neben den weiteren Säulen der Ausbildung (dies meint die die Berufsschule, die ÜLU und den ausbildenden Betrieb) zu „framen“ und Angebote der individuellen Weiterbildung bei den Auszubildenden als Chance und nicht als Makel, oder Defizit zu benennen.
Gemeinsam stattgefundene Angebote für die Teilnehmenden wie für Multiplikatoren
Der LIV als Dachorganisation der zwölf sächsischen Dachdeckerinnungen organisiert die rund 450 Dachdeckerbetriebe in Sachsen, kümmert sich um die (politische) Interessenvertretung nach außen und legt bei seinen Aktivitäten einen starken Fokus auf Aus- und Weiterbildung der Kollegen und Kolleginnen, sowie der Auszubildenden. Das LBZ, ansässig in Aue-Bad Schlema, fungiert als überbetriebliches Ausbildungszentrum und übernimmt den theoretischen wie praktischen Anteil der ÜLU. Alle sächsischen Auszubildenden des Dachdeckerhandwerks sind in ihrer Ausbildung insgesamt 15 Wochen vor Ort im LBZ und werden dort gemäß dem Lehrplan ausgebildet. Des Weiteren begleitet das LBZ die Dachdeckergesellen und -gesellinnen zur Meisterprüfung. Neben den beiden angesprochenen Angeboten, der Broschüre NachgeDACHt in zwei Auflagen und den Lernvideos zu ausgewählten Übungsaufgaben aus allen Kompetenz- und Lehrjahren, stützt sich die Kooperation auf weitere analoge, wie digitale Formate. Beginnend mit einem offenen Lernangebot führte ARBEIT UND LEBEN gemeinsam mit dem LBZ im Zeitraum von Oktober 2019 bis Juni 2023 mehrere Durchläufe einer „Lernwerkstatt Mathe“ durch. Mit jedem Durchlauf im Umfang von ca. 26 Unterrichtseinheiten (UE) galt es die Auszubildenden während ihrer Präsenzphasen im LBZ bestmöglich im Bereich „mathematischer Grundbildung“ zu unterstützen. Mit Schwerpunkt auf dem ersten Lehrjahr stand die Lernwerkstatt allen interessierten Auszubildenden als freiwilliges Angebot in den Räumlichkeiten des benachbarten Wohnheims kostenlos zur Verfügung. Pädagogisch angeleitet und betreut durch einen pensionierten Ausbilder des Dachdeckerhandwerks, konnten die Teilnehmenden jederzeit mit eigenen Aufgabenstellungen, Problemlagen und aktuellen Themenblöcken der Ausbildung gezielte Unterstützung im Zuge von Wiederholungen und geeigneten Übungsaufgaben erhalten.
Mit mehr als 80 Teilnehmenden und über 75 stattgefundenen Unterrichtseinheiten war die Lernwerkstatt Mathe besonders zu Beginn des Lehrjahres im Herbst und als Vorbereitung auf die Zwischen- wie die Abschlussprüfung im Frühjahr „gut besucht“. Die große Rücksichtnahme von Seiten des Dozenten in Bezug auf das Lerntempo und die Lerninhalte (Stichwort: Mathematik der Schuljahre 8-10) sind als unmittelbare Erfolgsindikatoren des Lernangebots anzusehen. Neben der Unterstützung vor Ort in Präsenz gilt es die Multiplikator*innen der Aus- und Weiterbildung für das Thema „Grundbildung in der Ausbildung und im Handwerk“ zu sensibilisieren. Dies gelang ARBEIT UND LEBEN gemeinsam mit dem LIV im Rahmen mehrerer öffentlichkeitswirksamer Veranstaltungen sowie mit Angeboten mit Fachexpert*innen. Zu nennen sind hier u.a. eine gemeinsame Vorstellung der Kooperation im Frühjahr 2022 im Rahmen der Veranstaltung „Impulse für Arbeitsorientierte Grundbildung (AoG) im Handwerk“ des Bundesarbeitskreises Arbeit und Leben. Live übertragen vom Dach des LBZ, gaben Herr Münch als Geschäftsführer des LIV und Herr Strunz als Fachreferent für Grundbildung bei ARBEIT UND LEBEN Sachsen den bundesweiten Teilnehmenden einen Einblick in die Materie und die Gegebenheiten vor Ort und versetzten die Stakeholder der adressierten Organisationen in die Lage, in die Arbeitsrealität der Auszubildenden einzutauchen.
Auch ein gemeinsamer Podcast im Jahr 2021 legte den „Grundstein“, ein größeres Publikum auf die Verbindung aus Handwerk und Grundbildung und deren gegenseitigen Nutzen aufmerksam zu machen und Interesse für eine weitergehende Zusammenarbeit zu wecken. Jenseits des Fokus auf den Bereich „Grundbildung für und während der Ausbildung“, galt es im Rahmen eines gemeinsamen Sensibilisierungsangebots für den LIV und die Beratungsgesellschaft für Arbeits- und Gesundheitsschutz mbH (BfGA), die Relevanz der Thematik „Gesundheitliche Grundbildung/ Arbeitsschutz im Dachdeckerhandwerk“ im Verbund zu erläutern und gemeinsame weitere Schritte für die Zielgruppe der Beschäftigten abzustimmen. Allen beteiligten Partner*innen ist die Relevanz dieser Problemlage bekannt und wird vor dem Hintergrund länger arbeitender Belegschaften und der damit verbundenen zurückgehenden körperlichen Leistungsfähigkeit als mittelfristig erfolgsentscheidend für die KMU angesehen. Neben der benötigten kognitiven Kompetenz in den Teilbereichen von AoG wird es für die Mehrzahl der ausgebildeten Fachkräften wichtig, Angebote präventiven Arbeitsschutzes und Gesundheitsmanagements in Anspruch zu nehmen, und von Seiten der Arbeitgeber, die Arbeitsplätze im Sinne der Unfallverhinderung zu optimieren.
NachgeDACHt als Zugang zu den Handwerkskammern
Mit der Printveröffentlichung von NachgeDACHt im September 2022 war es zudem möglich, zum einen die Broschüre als Produkt und als Einblick in die AoG im Handwerk den (Haupt-)Geschäftsführern der Kammern präsentieren zu können und zum anderen, die Broschüre als Anlass für weitergehende Kooperationsgespräche zu nutzen. Nachdem im vierten Quartal 2022 die ersten Sensibilisierungsgespräche sowohl mit der Geschäftsführerin des Bereichs „Bildung“ der IHK Chemnitz, bzw. einer Kollegin im „Fachbereich Personal“ der HWK Chemnitz stattgefunden haben, konnten im ersten Quartal 2023 weitere Sensibilisierungen mit den vier weiteren Handwerks- bzw. Industrie- und Handelskammern durchgeführt werden. Allen Gesprächen gemein war das große Interesse an der Thematik „Grundbildung für Auszubildende zu Beginn und während der Ausbildung“. Darüber hinaus wurde gerade bei den Kollegen und Kolleginnen der HWKs deutlich, dass abseits einer Einigkeit über die deutlichen Wissenslücken von vielen Schulabsolventen im Bereich der Grundkompetenzen, eine Notwendigkeit besteht, gemeinsam in den kommenden Jahren eine Form der Diagnostik zu entwickeln, die zu Beginn der Ausbildung eine Evaluation der vorhandenen Grundbildungskompetenzen vornimmt. Auf diese Weise kann es zukünftig gelingen, zum einen das vorhandene Niveau der Kompetenzen in den Bereichen „mathematische Grundbildung“ und „berufsbezogene Lese- und Schreibkompetenz“ abzufragen, und zum anderen die daraus notwendig werdenden Unterstützungsangebote zu Beginn der Ausbildung individueller und zielorientierter planen und umsetzen zu können.
[1] Nähere Informationen zu den Kollegen von MatheMind finden Sie auf deren Homepage: https://www.mathe-mind.de/
[2] Die zweite Auflage der Broschüre NachgeDACHt können Sie über folgenden Link abrufen: https://t1p.de/NachgeDACHt-PDF-2_Aufl.
Mathematik für Auszubildende des Dachdeckerhandwerks
Mathematik für Auszubildende des Dachdeckerhandwerks
Mathematische Grundkompetenzen sind eine wesentliche Voraussetzung, um erfolgreich die Ausbildung zum Dachdecker oder zur Dachdeckerin zu beenden. Gleichzeitig haben viele Auszubildende hier Unterstützungsbedarfe. Genau an dieser Stelle setzt die Aufgabensammlung an. Sie bietet umfassend Hilfestellung in den zentralen für das Dachdeckerhandwerk relevanten Mathematikfeldern – vom Umrechnen von Maßen bis hin zu komplexen Berechnungen von Dachflächen.
Die Aufgabensammlung wurde dabei speziell für das Dachdeckerhandwerk konzipiert. Alle Erklärungen und Übungsaufgaben haben einen direkten Bezug zum Beruf und vermitteln so Mathematik mit unmittelbarer Praxisrelevanz. Gleichzeitig ist sie ein anschauliches Beispiel, wie mathematische Grundbildung passgenau und arbeitsorientiert gestaltet werden kann.
Die Aufgabensammlung wurde von ARBEIT UND LEBEN Sachsen in Zusammenarbeit mit dem Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Sachsen und dem Landesbildungszentrum des Sächsischen Dachdeckerhandwerks konzipiert.
Sie ist entstanden im Rahmen des Projektes „BasisKomNet – arbeitsorientierte Grundbildung in Netzwerken verankern“.
Die Broschüre kann kostenfrei in kleinen Mengen bei ARBEIT UND LEBEN Sachsen bestellt werden unter grundbildung@arbeitundleben.eu
Die zweite Auflage der Broschüre NachgeDACHt können Sie über folgenden Link abrufen: https://t1p.de/NachgeDACHt-PDF-2_Aufl.
Praxisbericht Mehrsprachige Lese- und Schreibkompetenz von Auszubildenden im Dachdeckerbereich Erfahrungsbericht der Dachdecker Firma Pilz
Praxisbericht Mehrsprachige Lese- und Schreibkompetenz von Auszubildenden im Dachdeckerbereich Erfahrungsbericht der Dachdecker Firma Pilz
Doch vielen ist zu Beginn der Ausbildung nicht bewusst, dass auch die berufsspezifische Lese- und Schreibkompetenz für einen erfolgreichen Abschluss unabdingbar ist.
Allerdings sind die derzeit verfügbaren Angebote für Deutschkurse sehr oft nur unzureichend ausgebaut. Die Sprachkurse werden z.T. nur sporadisch und in unüberschaubaren Abständen angeboten, was es für uns als Ausbilder schwer macht, den Ablauf und die Struktur der Ausbildung zu planen. Auch sind die Inhalte der Kurse noch immer zu wenig auf die spezifische Arbeitswelt und deren Anforderungen vor Ort ausgerichtet. Wir würden uns hier wünschen, dass der Sprachunterricht in regelmäßigen Abständen, zu festen Zeiten und, im besten Falle, in Absprache mit den Ausbildungsbetrieben erfolgt. Vor allem ist uns wichtig, dass die Inhalte mehr berufsspezifisches Vokabular umfassen und dass die Deutschkenntnisse der Auszubildenden perspektivisch viel stärker berufsorientiert gefördert werden. Der Erwerb arbeitsplatzbezogener Grundkompetenzen ist zum erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zwingend erforderlich. Diese Förderung muss zudem unbedingt an den individuellen Wissensstand der Auszubildenden angepasst werden, da diese sehr unterschiedliche Kompetenzen mitbringen.
Für einige Auszubildende ist das Fehlen von Grundkenntnissen im „Lesen“ und „Schreiben“ eine enorme Hürde auf ihrem Weg zum Abschluss. An diesem Punkt stellt insbesondere die Grundbildung des Projekts BasisKomNet einen wichtigen Pfeiler dar: seit Ende 2021 waren wir im Kontakt mit dem Projekt um die Förderung einzelner Teilnehmer zu planen. Von März bis August des Jahres 2022 fanden daraufhin zahlreiche Einzelcoachings zur gezielten Förderung der Lese- und Schreibkompetenzen und des Fachvokabulars statt. Zudem wurde die Broschüre „NachgeDacht“, zunächst digital, als praktische Hilfestellung zur Dachdeckerausbildung veröffentlicht, welche auch in Zukunft für viele Auszubildende eine wichtige Begleitung darstellen wird. Nur wenn die Lese- und Schreibkompetenz kontinuierlich gestärkt wird, können auch die darauf aufbauenden sprachlichen und fachlichen Fähigkeiten gefördert werden. Wir sind Arbeit und Leben sehr dankbar für die Angebote zur Grundbildung, welche für unsere Auszubildenden eine wichtige Unterstützung auf ihrem Weg zu einem erfolgreichen Abschluss darstellten. Dies kommt nicht nur ihnen und uns, sondern letztlich der ganzen Handwerksbranche zugute.
Mehr Infos zum Dachdeckerunternehmen Pilz finden Sie hier: https://www.pilzdach.de/
Einschätzung der Handwerkskammer Dresden: „Ohne Grundbildung keine Zukunft: Warum Basiskompetenzen der Schlüssel für eine erfolgreiche duale Berufsausbildung sind“ Stefan Krug – Hauptabteilungsleiter Berufsbildung der HWK Dresden
Einschätzung der Handwerkskammer Dresden: „Ohne Grundbildung keine Zukunft: Warum Basiskompetenzen der Schlüssel für eine erfolgreiche duale Berufsausbildung sind“ Stefan Krug – Hauptabteilungsleiter Berufsbildung der HWK Dresden
Ausgangslage
Die Bedeutung von Grundbildung und Ausbildungsreife
Grundbildung stellt das solide Fundament dar, auf dem eine duale Berufsausbildung im Handwerk aufbaut. Historisch gesehen umfasste die Grundbildung hauptsächlich die traditionellen Kompetenzen des Lesens, Schreibens und Rechnens. Doch heute hat sich das Verständnis von Grundbildung um Aspekte wie digitale Kompetenzen, finanzielle Grundlagen und Gesundheitsbildung erweitert. Diese sind von entscheidender Bedeutung, da ebenso wie die gesamte Lebenswelt, auch das Handwerk zunehmend von technologischen Innovationen geprägt wird.Im alltäglichen Sprachgebrauch werden oft die Begriffe Ausbildungsreife, Ausbildungsfähigkeit und Ausbildungseignung synonym verwendet. Die Beurteilung der Ausbildungsreife beinhaltet die Einschätzung, ob ein Jugendlicher die allgemeinen Merkmale der Bildungs- und Arbeitsfähigkeit erfüllt. Dazu gehören schulische Kenntnisse und Fertigkeiten, physische und psychische Belastbarkeit sowie lebenspraktische Kompetenzen, die für die Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind. Es wird auch darauf geachtet, ob der Jugendliche in der Lage ist, einen 8-Stunden-Tag zu bewältigen. Und es muss natürlich auch die Entwicklungsdynamik junger Menschen berücksichtigt werden: wenn ein Jugendlicher zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht als "ausbildungsreif" betrachtet wird, bedeutet dies nicht, dass er im Laufe seiner persönlichen Entwicklung – möglicherweise auch mit gezielter Förderung – nicht doch noch die Ausbildungsreife erreichen kann.
Zu den schulischen Basiskenntnissen zählen:
- (Recht-)Schreiben
- Lesen, und der Umgang mit Texten und Medien
- Verständlich Sprechen, Zuhören und das Führen von Dialogen
- Mathematische Grundkenntnisse
- Wirtschaftliche Grundkenntnisse
- Durchhaltevermögen und ausreichende Frustrationstoleranz
- Arbeitsverhalten und Kommunikationsfähigkeit
- Konfliktfähigkeit
- Kritikfähigkeit
- Leistungsbereitschaft
- Selbstorganisation und Selbstständigkeit
- Teamfähigkeit
- Soziale Umgangsformen
Aufgrund der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung von Produktionsprozessen steigt auch die Bedeutung digitaler Kompetenzen im Handwerk. Wo früher manuelle Arbeitsabläufe vorherrschten, kommen heute Maschinen und digitale Technologien zum Einsatz, um die Effizienz und Präzision zu steigern. Beschäftigte in der Feinwerkmechanik, oder im Metallbau müssen daher nicht nur in der Lage sein, traditionelle Metallverarbeitungstechniken zu beherrschen, sondern auch mit CNC-Maschinen umgehen zu können, um komplexe Metallteile herzustellen. Ein weiteres Beispiel für einen Handwerksberuf, in dem eine solide Grundbildung von entscheidender Bedeutung ist, ist der des Tischlers, der Tischlerin. Dieser Beruf erfordert nicht nur handwerkliches Geschick, sondern auch ein Verständnis für Design, Materialien und Konstruktionstechniken. Eine gute Grundbildung im Tischlerhandwerk umfasst nicht nur die Fähigkeiten zum Messen, Sägen und Schleifen von Holz, sondern auch das Verständnis für verschiedene Holzarten und ihre Eigenschaften. Zum Aneignen dieser Fähigkeiten braucht es Grundfertigkeiten im Umgang mit Texten und Medien und damit ein gutes Leseverstehen. Darüber hinaus erfordert das Tischlerhandwerk auch Kenntnisse in mathematischen Berechnungen und geometrischen Konzepten. Ein Tischler, eine Tischlerin muss in der Lage sein, präzise Messungen durchzuführen und komplexe Konstruktionen zu planen, um sicherzustellen, dass seine Möbelstücke stabil und funktional sind.
Schlussfolgerungen
Die Vermittlung von Basiskompetenzen und von anwendungsorientiertem Wissen in den Schulen ist entscheidend. Schulen müssen es wieder schaffen Lesen, Schreiben und Rechnen den Schülerinnen und Schüler nachhaltig zu vermitteln. Theoretische Konzepte sollten in praxisnahen Kontexten gelehrt werden, beispielsweise kann der Satz des Pythagoras im Zusammenhang mit Zimmerer- oder Dachdeckerarbeiten erklärt werden.
Ein praxisorientiertes Curriculum sollte Projekte, Simulationen und praktische Übungen enthalten, um die Relevanz theoretischen Wissens im Berufsalltag zu verdeutlichen. Betriebsbesuche, Praktika und Gastvorträge von Handwerkern könnten Schülerinnen und Schülern weitere praktische Einblicke geben und aufzeigen, wie theoretisches Wissen in der Praxis angewendet wird.
Digitale Kompetenzen sind in allen Handwerksberufen zunehmend wichtig. Schülerinnen und Schüler sollten daher grundlegende digitale Kenntnisse im Umgang mit PCs, digitalen Anwendungen und Maschinensteuerungen erwerben. Neben der Vermittlung von schulischen Basiskenntnissen sollten auch psychologische Kompetenzen wie beispielsweise die Fähigkeit zur Selbstorganisation, Teamarbeit und Kommunikationsfähigkeit zwingend mehr Raum in den Schulen bekommen. Sie sind für eine erfolgreiche Teilnahme am Arbeitsleben mittlerweile unerlässlich. Dabei ist es nicht zuletzt notwendig, die besten jungen Menschen wieder für den Lehrerberuf zu begeistern, um den fortschreitenden Lehrermangel an den Schulen zu begegnen.
Indem Schülerinnen und Schüler eine solide Grundbildung erhalten, werden sie nicht nur zu basiskompetenten Auszubildenden, sondern auch zu flexiblen und anpassungsfähigen jungen Menschen, die in der Lage sind, den Anforderungen der modernen Arbeitswelt sowie der ökologischen Transformation gerecht zu werden. Sie ist der Schlüssel für eine erfolgreiche duale Berufsausbildung und bildet die Grundlage für die zukünftige Entwicklung des Handwerks.
Praxisbericht Mehrsprachige Lese- und Schreibkompetenz von Auszubildenden im Bereich der Luft-, Klima- und Filtertechnik Erfahrungsbericht der Fläktgroup Wurzen GmbH
Praxisbericht Mehrsprachige Lese- und Schreibkompetenz von Auszubildenden im Bereich der Luft-, Klima- und Filtertechnik Erfahrungsbericht der Fläktgroup Wurzen GmbH
Zudem muss der fehlerfreie, bilinguale Einsatz von deutschen, wie englischen Schriftkompetenzen zur internen Auftragsbearbeitung und -abstimmung gegeben seien. Unsere Auszubildenden bringen zu Beginn ihrer Ausbildung ein sehr heterogenes Niveau hinsichtlich der jeweiligen Lese-, Schreib- und Kommunikationskompetenzen im Bereich „englischer Sprache“ mit. Da es uns in der Vergangenheit aufgrund voller Auftragsbücher nicht möglich war, die z.T. nur basalen Kenntnisse eigenständig, auf die im Unternehmen benötigten Kompetenzstufen (Englisch im „Lesen“, „Schreiben“ und „Sprechen“ auf dem Niveau B2) weiterzuentwickeln, war es für eine große Bereicherung, als im Jahr 2022 der Kontakt zu ARBEIT UND LEBEN Sachsen und dem Projekt BasisKomNet aufgebaut werden konnte. Nach einer kurzen Abstimmungsphase mit den Projektmitarbeitern zu den konkreten Themen und dem Umfang der Angebote, entwickeln unsere Auszubildenden in unseren Räumlichkeiten in Kleingruppen ihre weiter.
Dabei stehen die Verbesserung der geschäftlichen Konversation und die Bearbeitung von Texten aus dem Bereich „Betriebswirtschaft“ in englischer Sprache im Mittelpunkt der Seminare, um deren grammatikalische Richtigkeit dauerhaft zu festigen und zu verbessern. Dabei wurde eine aktive Beteiligung sowohl unserer gewerblichen wie auch der kaufmännischen Auszubildenden aus unterschiedlichen Lehrjahren am Unterricht fokussiert, damit auch die Möglichkeit zum gegenseitige „Voneinander-lernen“ weiter vorangetrieben werden konnte. Die Gruppen blieben während den Qualifizierungen mehrheitlich als Kleingruppe zusammen, wobei sich jedoch ein Einzelfällen auch herausgestellt hat, dass eine individuelle Betreuung in Form eines Einzelcoachings für wenige, ausgewählte Auszubildende sinnvoll erschien. Allen voran durch unterschiedliche Lernbedürfnisse und Ausgangskenntnissen konnte auf diese Weise noch einmal konkreter der jeweilige Lernbedarf didaktisch aufbereitet werden. Jenseits der individuellen Betreuung und Unterstützung wurde das Angebote so gut von den Auszubildenden angenommen, dass wir mit den kaufmännischen Auszubildenden eine Vertiefung und Weiterführung der Grundbildungsangebote durchgeführt haben. Wir danken ARBEIT UND LEBEN für Ihren Einsatz in unserem Haus und blicken nun gemeinsam mit unseren Auszubildenden positiv in den vor uns liegenden Aufgaben.
Weitere Informationen zum Kooperationspartner finden Sie hier:https://me-sachsen.de/company/flaekt/
Gemeinsame Lösungen durch Austausch und Beratung Zugänge zu inner- und außerbetrieblichen Lernprozessen
Insofern besteht eine der größten Herausforderungen darin: Die Betroffenen und mögliche Qualifizierungsmaßnahmen zusammenzubringen und sie gleichzeitig zu motivieren, die entsprechenden Angebote auch anzunehmen.
Organisatorische und didaktische Rahmenbedingungen für AoG im ländlichen Raum (Lernzeiten, Lernorte & Lernmodi) Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
Organisatorische und didaktische Rahmenbedingungen für AoG im ländlichen Raum (Lernzeiten, Lernorte & Lernmodi) Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
Lernzeiten, Lernorte und Lernmodi
Die Konzeption eines Einzelcoachings, oder eines Gruppenseminars (mit max. dreizehn Teilnehmenden) sieht sich damit mit zwei Ebenen von Bedarfen konfrontiert: Zum einen den organisatorischen Bedingungen vor Ort im Betrieb, welche vor allem das Vorhandensein geeigneter Schulungsräumlichkeiten mit einer adäquaten (Lern-)Ausstattung und einem uneingeschränkten Zugang zur Betriebsinfrastruktur meint (Intranet, Dokumentationssysteme, etc.). Zum anderen die zeitlichen, finanziellen und didaktischen Möglichkeiten der Teilnehmenden selbst, welche häufig in Vollzeit arbeiten und dazu ggf. in ihrer Freizeit die Betreuung von Kindern, oder pflegebedürftigen Eltern gewährleisten müssen. Da das zur Verfügung stehende, (sowie frei einteilbare) Zeitkontigent der Betroffenen mehrheitlich auf ein Minimum reduziert und i.d.R. auf Randzeiten des Tages begrenzt ist (entweder sehr spät am Abend und ggf. sehr früh am Morgen), macht dies eine didaktisch erfolgreiche Weiterbildung schwer umsetzbar. Auch eine Reduktion der Arbeitszeit mit dem Ziel größerer zeitlicher Kapazitäten ist bei vielen Betroffenen im geringqualifizierten Tätigkeitsbereich nicht möglich, da damit die Finanzierung aller laufenden Lebenserhaltungskosten und darüberhinausgehender Ausgaben ausgeschlossen wäre. Diese beiden zentralen Faktoren auf Seiten der Betroffenen – die wenigen zeitlichen Kapazitäten, wie die geringen finanziellen Spielräume –, stellen hinreichende Bedingungen an die Ausgestaltung von Angeboten der AoG im Betrieb dar.
Damit trotz der geschilderten Ausgangslage eine arbeitsplatznahe Weiterbildung im Bereich der Grundbildung möglich wird, bedarf es eines Entgegenkommens von Seiten der Geschäftsführungen und einer modularen Angebotsgestaltung durch die Bildungsplanenden, mit flexiblen Tageszeiten und möglicherweise notwendigen kürzeren Unterbrechungsphasen. Im Hinblick auf die drei Parameter „Lernzeiten“, „Lernorte“ und „Lernmodi“ bedeutet dies, dass AoG zu Beginn der obligatorischen Arbeitszeit, oder im letzten Drittel der Arbeitszeit beim Übergang zur Freizeit des Beschäftigten angesetzt seien sollte. Dies setzt voraus, dass die Geschäftsführungen bzw. Personalverantwortlichen den Mehrwert der Angebote vordergründig für die Teilnehmenden, in Konsequenz aber auch für den Betrieb erkennen und Möglichkeiten einräumen, Schulungen in der Arbeitszeit durchführen zu können. Aus didaktischer Perspektive meint dies die erfolgversprechendste Variante, da die Beschäftigten zu dieser Tageszeit kognitiv am leistungsfähigsten sind und sie trotz der ungewohnten Lernsituation, unter Anleitung eines/r Dozenten bzw. Dozentin Fortschritte im jeweiligen Kompetenzbereich erzielen können. Damit die zur Verfügung stehenden zeitlichen Kapazitäten mehrheitlich für die pädagogische Anleitung und Übung verwendet werden und ggf. notwendige Arbeitsmittel der Beschäftigten in die Schulungskonzeption mit einbezogen werden können, bedarf es einer Umsetzung von AoG in den Räumen des Betriebs. Dies hat mehrere offensichtliche Vorteile: Die Kollegen und Kolleginnen kennen sich vor Ort aus, haben „kurze Wege“ zum Schulungsraum und gehen mit einem Gefühl der Sicherheit in die Weiterbildung.[2]
Da Arbeits- und Schulungsort zusammenfallen, entfallen weitere finanzielle Aufwendungen für die Teilnehmenden. Des Weiteren besteht für die Dozenten und Dozentinnen die Möglichkeit, wechselnde Arbeitsplätze im Betrieb in die Ausgestaltung der Seminare mit einfließen zu lassen und die räumliche Nähe zum Arbeitsplatz bei der didaktischen Methodenauswahl bestmöglich zu nutzen. Im Hinblick auf die Lernmodi lässt sich konstatieren, dass ein hohes Maß an Regelmäßigkeit und Wiederholung dem ganzheitlichen Erfolg der AoG-Maßnahmen dienlich ist. Die Beschäftigten profitieren unmittelbar von einem „festen“ Durchführungsmodell mit einem verbindlich festgelegten Tag in der Woche zu einer immer gleichen Zeit. Dies bei der Arbeits-/Dienstplangestaltung durch die Vorgesetzten zu berücksichtigten, ist eine wichtige Vermittlungsaufgabe der Bildungsplanenden bei den Abstimmungsgesprächen im Vorfeld. Auch der Umfang der Schulungsmaßnahme sollte von Anfang an benannt seien und einem festen Muster folgen, bspw. pro Termin kürzere, in der Gesamtanzahl dafür aber mehr Einheiten zu planen. Im Rahmen des Projekts BasisKomNet hat sich ein Modell mit 12 Terminen mit je zwei bis maximal drei Unterrichtseinheiten pro Termin als „Erfolgsmodell“ herausgestellt. Die einzelnen Schulungen umfassen ca. ein Vierteljahr (je nach Urlaubs- und Krankheitszeiten), bleiben für die Teilnehmenden wie die Arbeitgeber plan- und überschaubar und erlauben in kurzen Abständen Lernstandskontrollen zur Evaluation des Angebots durchführen zu können. Die im Zuge der Kontrollen erhobenen Einschätzungen können im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung der AoG-Maßnahmen als wichtige Entscheidungshilfe dienen.
Umsetzung(shemmnisse) der Parameter in der betrieblichen Praxis
Aufbauend auf einer großen Anzahl an Kontakten zu KMU aus der Laufzeit des Vorgängerprojekts BasisKomPlus, gelang es ab dem Beginn des Projekts BasisKomNet, die Konzeption unterschiedlich weit vorangeschrittener Absprachen voranzutreiben und in konkrete AoG-Angebote zu überführen. Bestanden mit einigen Betrieben aus den Jahren 2019 und 2020 bereits verlässliche Kooperationsstrukturen, mussten diese mit neuen Unternehmen im Rahmen erster Absprachen erst aufgebaut werden. Einen Sonderfall bildeten dabei jene Coachings – sowohl in Gruppen oder wie im Einzelformat –, welche bereits im Vorgängerprojekt gestartet wurden, durch betriebsbedingte Unterbrechungen, oder Verschiebungen der Seminartermine, aber erst nach Beginn von BasisKomNet wieder aufgenommen und beendet werden konnten. Alle drei Typen des Zugangs zu interessierten Unternehmen hatten Einfluss auf die Ausgestaltung und Planung der organisatorischen, wie der didaktischen Rahmenbedingungen.
Bei Kooperationen mit Betrieben, welche im Sommer 2020 erstmalig geschlossen wurden, wurde die Umsetzung von betriebsinternen, oder arbeitsplatznahen Coachings durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in den beiden Folgejahren massiv erschwert. Eine dauerhafte und regelmäßige Schulung der Beschäftigten nach einem festen Turnus war in diesem Zeitraum häufig nicht möglich. Besonders die längeren Unterbrechungsphasen im Zeitraum von November 2020 bis März 2021[3] führten zu zuvor unbekannten Änderungen und Anpassungen hinsichtlich der Umsetzung der Angebote. Die angesprochene Regelmäßigkeit der Schulungstermine, welche die Teilnehmenden für einen fortschreitenden Lernerfolg und die Möglichkeit zur Wiederholung benötigen, war bei einer Großzahl der Schulungen nur noch in Teilen umsetzbar. Der Umgang mit den ungeplanten Unterbrechungsphasen im Zuge der Covid-19-Pandemie machte es notwendig, eine bisher mit der Zielgruppe kaum genutzte Lernmethode auszuprobieren. So war vor allem das Jahr 2020 durch den Versuch geprägt, bestehende Coachingmaßnahmen in Präsenz in ein digitales Lernformat mithilfe von Tools wie Zoom, MS Teams, o.ä. zu überführen. Oft ist dies, wenn überhaupt, nur bei Gruppenschulungen möglich gewesen, da gezielte und basale Schulungen der Grundkompetenzen wie im Falle der Einzelcoachings, eine unmittelbare Interaktion zwischen Teilnehmenden und Dozenten bzw. Dozentinnen notwendig macht. Diesen Bezug der räumlichen „Nähe“ zu einem gemeinsam „Lernort“ zwischen Lernenden und Lehrenden und der Relevanz dessen für die Teilnehmenden als sozialen Aspekt im Rahmen eines Coachings, lässt sich i.d.R. nicht in ein digitales Umfeld transferieren. Dies gelang im Format des Einzelcoachings nur dann mit Abstrichen, wenn das „Eins-zu-Eins-Coaching“ hybrid durchgeführt wurde und es vor den rein digitalen Einheiten, Termine in Präsenz in den Räumen des Betriebs gab. Auf diese Weise konnte ein didaktisch notwendiges Vertrauensverhältnisses zwischen den Akteuren der Maßnahme etablieren werden. Realisierbar ist dies in der Praxis nur, wenn folgende Kriterien hinreichend erfüllt sind: ·
- Der/die Teilnehmende verfügt über eine ausreichende medientechnische Infrastruktur (mobile Endgeräte, Internet, etc.), welche ein Coaching in einem geschützten Raum technisch möglich macht. ·
- Die benötigte Ausstattung muss entweder von dem Teilnehmenden selbstständig angeschafft werden, oder durch den Betrieb in Form einer längerfristigen Leihe oder einer Kostenbeteiligung für das passende digitale Arbeitsmaterial bereitgestellt werden. ·
- Der/die Dozent bzw. Dozentin hat ausreichende Erfahrungen im Umgang mit AoG-Themen in Form digitaler Lernformate.
Sowohl die Didaktik wie auch die pädagogischen Konzepte müssen grundlegend angepasst werden, da aufgrund der fehlenden räumlichen Interaktion zwischen Teilnehmer/in und Dozent/in einige Arbeitsaufgaben anders, oder schlicht gar nicht vermittelt werden können. (Kommunikations-)Trainings bspw. in realistischen Arbeitsumfeldern (im Team oder allein) lassen sich digital nicht nachstellen. Gut realisierbar im Rahmen von digitalen Lernangeboten ist die Wiederholung von Lese- und Schreibübungen, wenn der Teilnehmende das entsprechende Material vor sich liegen hat, und der Faktor eines gemeinsamen Lernortes durch die entkoppelte Bearbeitung der Übungsaufgaben nicht ins Gewicht fällt.
Externe Variablen der Angebotskonzeption und -durchführung
Bei der Konzeption und Umsetzung von Angeboten der AoG können zu jedem Zeitpunkt Anlässe eintreten, die eine umfangreiche Anpassung, bzw. in letzter Konsequenz, die Beendigung der vollständigen Maßnahme zur Folge haben können. So kann es vorkommen, dass Beschäftigte, oder Auszubildende aufgrund von Arbeitsplatzabwerbungen (hier zu nennen, vor allem die aktuell angespannte Situation im Bereich der Pflegewirtschaft), oder durch den einseitigen Abbruch der Ausbildung nicht mehr zur Verfügung stehen. In beiden Fällen hat dies zur Folge, dass alle bis dahin getätigten Schritte (sowohl im Vorfeld wie zum Zeitpunkt der Durchführung) von Seiten des Arbeitgebers, wie des Bildungsträgers obsolet sind. Wenn das Kooperationsverhältnis zwischen den Partnern bis zum Zeitpunkt des Abbruchs weit genug gefestigt ist, kann es u.U. gelingen ein weiteres Schulungsangebot gemeinsam zu planen und anschließend umzusetzen. Dies unter der Voraussetzung, dass weiterhin Bedarf innerhalb der Belegschaft im Bereich der AoG vorliegt. Des Weiteren können inhaltlich begründete Weiterführungen von AoG-Angeboten (über das Budget des Projekt BasisKomNet hinaus) in den ländlichen Regionen Sachsens häufig aus finanzieller Sicht nicht durch die kooperierenden KMUs übernommen werden. Gründe hierfür sind sowohl betriebsinterne Faktoren (u.a. der anhaltend hohe Konkurrenz- und Kostendruck innerhalb der Branche bei gleichzeitig geringer werdenden Auftragsvolumina) wie auch ausbildungsbezogene Kosten (Bereitstellung und Finanzierung von Schul- und/oder Wohnraum; Anschaffung von (elektronischen) Arbeitsmaterialien), die eine weitergehende finanzielle Unterstützung im Hinblick auf notwendige Weiterbildungen ausschließen.
Ebenso kann ein fehleingeschätzter Weiterbildungsbedarf im Bereich der Grundbildung auf Seiten der Arbeitnehmer*innen durch Geschäftsleitungen in letzter Konsequenz dazu führen, dass sich nach ersten Absprachen (inkl. einer umfangreichen Aufgabenklärung) herausstellt, dass der oder die infrage kommende Beschäftigte, keine Notwendigkeit für ein AoG-Angebot sieht und es deswegen zu keiner Schulungsleistung kommt. Oder eine zu große Distanz zwischen dem Wohnort der Teilnehmenden und dem Betriebsort kann dazu führen, dass die Durchführung eines AoG-Angebots vollständig, oder in Teilen nicht am Arbeitsplatz stattfinden kann. Besonders relevant wird dieser Umstand bei Einzelcoachings. Gründe hierfür können seien, dass die Mobilität besonders im Kreis der Auszubildenden stark eingeschränkt ist (dies meint vor allem die persönlichen, wie finanziellen Voraussetzungen für die verschiedenen Formen des Individualverkehrs) und diese damit auf Angebote des regionalen ÖPNV angewiesen sind, bzw. für Arbeitseinsätze auf Baustellen direkt von Kollegen und Kolleginnen vom Wohnort im Rahmen von Fahrgemeinschaften abgeholt werden. Diesen externen Variablen kann nur ausreichend begegnet werden, wenn es gelingt AoG-Angebote – bei denen die Räume des Betriebs nicht in Frage kommen – an zentralen Orten stattfinden zu lassen. Diese müssen infrastrukturell gut erschlossen und durch die Teilnehmenden zeitlich wie finanziell leicht erreichbar seien. Denkbar wären eigene Räume des Bildungsträgers, von Kooperationspartnern (wie bspw. den VHS), oder kurzfristige Anmietungen des Bildungsträger für die Dauer der Schulungseinheiten bei gewerblichen Partnern. Abweichend hierzu ist zu erwähnen, dass es u.U. sinnvoll seien kann einen neutralen, dritten Ort für die Schulungsdurchführung zu wählen, wenn der/ die Betroffene ausschließen möchte, dass Kollegen bzw. Kolleginnen, oder Vorgesetzte von Weiterbildungsangeboten der AoG Kenntnis nehmen. Der Respekt gegenüber dem persönlichen Schamempfinden der Beschäftigten ist dann immer höher zu gewichten, als eine möglichst ideale pädagogische Lerngestaltung. Zu nennen sind hier zum einen das Verbot von Präsenzveranstaltungen der AoG durch die Sächsische Staatsregierung für Träger der Aus- und Fortbildung und zum anderen, die hohen Infektionszahlen bei Beschäftigten und Kunden, welche sowohl aus Infektionsschutzgründen wie auch Gründen der Seminarplanung eine Durchführung von Angebote unmöglich machte.
[1] Weitergehende Ausführungen zu dieser Thematik finden Sie im Beitrag „Ansprache und Erreichung der Zielgruppe(n) von AoG in KMU“ in dieser Broschüre.
[2] Abweichend hierzu ist zu erwähnen, dass es u.U. sinnvoll seien kann einen neutralen, dritten Ort für die Schulungsdurchführung zu wählen, wenn der/ die Betroffene ausschließen möchte, dass Kollegen bzw. Kolleginnen, oder Vorgesetzte von Weiterbildungsangeboten der AoG Kenntnis nehmen. Der Respekt gegenüber dem persönlichen Schamempfinden der Beschäftigten ist dann immer höher zu gewichten, als eine möglichst ideale pädagogische Lerngestaltung.
[3] Zu nennen sind hier zum einen das Verbot von Präsenzveranstaltungen der AoG durch die Sächsische Staatsregierung für Träger der Aus- und Fortbildung und zum anderen, die hohen Infektionszahlen bei Beschäftigten und Kunden, welche sowohl aus Infektionsschutzgründen wie auch Gründen der Seminarplanung eine Durchführung von Angebote unmöglich machte.
Projekt-Portrait Für eine starke Belegschaft Um betroffene Kolleginnen und Kollegen in der Arbeitswelt erreichen zu können, setzen wir auf die Ausbildung von Mentorinnen und Mentoren sowie den Aufbau von kollegialen Netzwerkenten.
Projekt-Portrait Für eine starke Belegschaft Um betroffene Kolleginnen und Kollegen in der Arbeitswelt erreichen zu können, setzen wir auf die Ausbildung von Mentorinnen und Mentoren sowie den Aufbau von kollegialen Netzwerkenten.
Als ein stetig wachsendes Unternehmen am Standort Dresden war es für die K&S Seniorenresidenz selbstverständlich, im Rahmen der Personalgewinnung auch auf Mitarbeiter*innen aus dem Ausland zu setzen. Damit notwendig werdendes interkulturelles Arbeiten bietet Chancen, birgt aber einige Herausforderungen, unter anderem auch für die Bereiche „Arbeitssicherheit“ und „Gesundheitsschutz“. Ausländische Pflegekräfte sind in Deutschland mit einer sehr angespannten Arbeitssituation konfrontiert. Neue Beschäftigte, nicht nur solche aus Drittstaaten, müssen oft von Anfang an Aufgaben übernehmen, auf die sie eventuell nicht ausreichend vorbereitet sind.Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten sind dabei eine große Hürde bei der Integration von Fachkräften aus dem Ausland.
Sowohl die tägliche Kommunikation mit den Pflegebedürftigen, wie auch die Absprache mit Kolleginnen und Kollegen ist für die neu ankommenden Pflegekräfte häufig schwierig. Oft trauen sich die „Neuen“ nicht nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben. Das kann zu Missverständnissen und dadurch entstehenden Konflikten führen. Das Projekt MENTOpro unterstützt ausgewählte Betriebe dabei, grundbildungssensibel zu werden. Arbeitnehmer*innen der K&S Seniorenresidenz haben im Juni 2023 an einer vom DGB Bildungswerk Bund und ARBEIT UND LEBEN Sachsen durchgeführten Seminarreihe des Projekts MENTOpro teilgenommen. Im MENTOpro-Basismodul „Sensibilisierung und Workshop Einfache Sprache“ wurde vor allem ein fachgerechtes Ausfüllen von Dokumentationen geübt, aber auch die Umsetzung komplexer Betriebsanleitungen und die angemessene Kommunikation im Kundenkontakt mit Angehörigen.
Informationen zum Projekt finden Sie unter https://www.arbeitundleben.eu/projekte/detail/mentopro-887/
Schon gewusst?!#BetriebsCheck & BasisKompetenzCheck
Der BetriebsCheck dient der branchenspezifischen Bestandsaufnahme im Unternehmen. Fragen zur Qualität von Arbeitsabläufen führen tiefer in die Funktionsprozesse der Unternehmen und Betriebe und filtern mögliche Qualifizierungsbedarfe im Beratungsgespräch heraus. Ergänzend zum BetriebsCheck wird der Basis-KompetenzCheck eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein Instrument der Kompetenzerhebung für Beschäftigte, bei denen ein Bedarf an Grundbildung bekannt ist oder auch nur vermutet wird. Individuell werden benötigte Kompetenzen für den Arbeitsplatz erfragt und dann für ein persönliches und vertrauliches Entwicklungsgespräch genutzt.
Praxisbericht Strukturelle Bedingungen von Dozierenden in der Grundbildung Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse stellen besonders hohe Anforderungen an die Dozentinnen und Dozenten.
Praxisbericht Strukturelle Bedingungen von Dozierenden in der Grundbildung Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse stellen besonders hohe Anforderungen an die Dozentinnen und Dozenten.
Grundbildung (Gb) zielt auf die Vermittlung von Grundkompetenzen in verschiedenen Lebensbereichen. Dabei greift Gb Fragen gesellschaftlicher Teilhabe (politische oder ökonomische Gb) oder auch Fragen der Bewältigung von Alltagspraktiken (finanzielle Gb oder digitale Gb) auf. Wirft man einen Blick in die LEO Studie (2018, S. 169) sind 62,3 Prozent der Menschen mit geringer Literalität erwerbstätig. D.h. ein Großteil des Gb-Bereichs nimmt die arbeitsplatznahe Gb ein. Die arbeitsorientierte Grundbildung in der Personalentwicklung ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden, da sie maßgeblich zum Erfolg eines Unternehmens beiträgt.
Im Fokus steht dabei, die Kompetenzen der Mitarbeitenden zu stärken und sie besser auf die beruflichen Anforderungen vorzubereiten. Das übernehmen freiberufliche oder angestellte Dozierende, die entsprechend auf den Arbeitsbereich zugeschnitten das Personal hinsichtlich Alphabetisierung (A) und Grundbildung weiterbilden. Dozierende stehen derzeit vor vielen Herausforderungen. Zum einen ist die Arbeitssituation Dozierender in der A prekärer als in anderen Bereichen der Erwachsenenbildung aufgrund verschiedener projektbezogener Rahmenbedingungen. Zum anderen mangelt es an einer bildungspolitischen Verstetigung des Themas Alphabetisierung.Die Folgen dieses Mangels wirken sich sowohl auf die Akquise von Kursteilnehmenden, der tatsächlichen Teilnahme der Zielgruppe an Alphabetisierungsmaßnahmen sowie die Dozierenden selbst aus. Laut SMK-ESF-Plus-Richtlinie Bildungspotenziale lebenslanges Lernen 2021-2027 (2022, S. 3 ff.) werden Vorhaben zur A und Gb von gering literalisierten Erwachsenen gefördert. Dazu zählen sowohl Personen, deren Lese- oder Schreibkompetenzen das Alpha-Level 4 nicht überschreiten, als auch das notwendige Personal. „Personalausgaben werden bei Eigenpersonal als personenbezogene Pauschale je Einsatzstunde oder Einsatzmonat (Kosten je Einheit) ausgereicht […]. Zur Berechnung der Pauschale je Einsatzstunde wird eine Jahresstundenzahl von 1 720 Stunden zu Grunde gelegt“ (ebd.).
Die Anforderungen der Lehrkräfte orientieren sich an den Anforderungen der Qualitätsstandards (2022). Liegt eine selbstständige Tätigkeit, bspw. in Form von Fremdpersonal vor, greifen die Regeln der förderfähigen Ausgaben und Kosten (FFAK, 2024). Die obere Grenze für Honorarsätze je Einsatzstunde im Vorhaben beläuft sich z.B. bei Personen mit abgeschlossener Hoch- bzw. Fachhochschulausbildung auf 64 Euro je Zeitstunde (ebd., S. 18). Außerdem gilt es, als Träger sowohl das SächsGVBl als auch die aktuellen Entwicklungen zum Thema Freiberuflichkeit zu berücksichtigen. Ein A-Kurs kommt lt. SMK-ESF-Plus-Richtlinie (2022) mit einer Mindestanzahl von sechs Teilnehmenden zustande. Im Vergleich zu anderen europäischen Förderstrukturen ist das eine geringe Mindestanzahl. Ein A-Kurs wird üblicherweise für ein Jahr bewilligt. Um insbesondere den ländlichen Raum zu fördern, hat das SMK nun zur modellhaften Erprobung von Grundbildungszentren (GBZ) mit offenen und geschlossenen Angeboten für Teilnehmende aufgerufen. Die Bearbeitung der innovativen Konzepte läuft zum aktuellen Zeitpunkt noch. Um das Thema von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten, wurden zwei Akteure aus der Erwachsenenbildung nach ihren Erfahrungen und Einschätzungen zur Situation von Dozierenden in Sachsen aus dem Grundbildungsbereich befragt.
Andreas Kleinitzke ist Sozialpädagoge für Berufliche Bildung und Arbeit & Beschäftigung beim Christlichen Jugendorfwerk Deutschlands (CJD) Annaberg-Buchholz. Er betreut Lernende im Bereich Erwachsenenbildung. Viele Teilnehmende für Alphabetisierungsmaßnahmen werden nach seiner Erfahrung vom Jobcenter vermittelt. Obwohl die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ein wichtiges Ziel der A-Kurse ist, findet die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis nach Absolvierung des Kurses seltener statt. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich.
Förderstrukturen und Finanzierung
Wenn ein Bildungsträger mit einem Alphabetisierungs- oder Grundbildungskurs startet, müssen die Dozierenden im ersten Schritt geschult werden. Diese Schulungen sind meist zeitlich aufwendig und teuer, teilweise müssen Dozierende diese Kosten selbst übernehmen. Für Bildungsträger, die sich neu im Bereich A und Gb spezifizieren und eine SMK-ESF-Plus- Förderung beantragen, ist es dadurch deutlich schwieriger die Rahmenbedingungen für das Personal einzuhalten. Oft werden Dozierende mit einer Befristung eingestellt, was weder für Arbeitnehmende noch für Selbstständige attraktiv ist. Daher ist es schwer einzuschätzen, inwieweit sich eine Weiterbildung und damit Investition für Dozierende wirklich rentiert. Kleinitzke hebt positiv hervor, dass die Dozierenden einen Kurs selbständig, aktiv und kreativ gestalten können. Sie bringen eigene Ideen im Ablauf und den Inhalten der Kurse ein und können die Aufgaben entsprechend individueller anpassen für die Lernenden. Diese haben unterschiedliche Lernbedürfnisse und -stile. Daher ist es wichtig, Bildungsprogramme anzubieten, die auf ihre individuellen Bedürfnisse und Ziele zugeschnitten sind. Eine fehlende Einheitlichkeit hingegen kritisiert Kleinitzke.
Andere ESF-Plus-Projekte laufen mit einer Stellenförderung, d.h., wenn es zu einer Arbeitsunfähigkeit seitens der Fachkraft kommt, gibt es für den Bildungsträger trotzdem eine Zahlung. Aktuell wird jedoch in A-Kursen die sogenannte Personalkostenpauschale angewendet. Das bedeutet, wenn Dozierende erkranken, laufen für den Bildungsträger zwar die Personalkosten weiter, die SAB zahlt jedoch nicht. Daraus ergibt sich ein großes, schwer kalkulierbares Risiko für Kursanbieter. Wenn das Projekt für den Bildungsträger nicht lukrativ ist, wird er nicht nochmal einen Kurs beantragen. Kleinitzke empfiehlt eine Vereinheitlichung der Stellenförderung, um dem Druck v.a. auf psychischer Ebene des Fachpersonals und den damit verbundenen Existenzängsten vorzubeugen. Hinzu kommt, dass die ESF-A-Kurse eine Mindestanforderung von sechs Teilnehmenden pro Kurs verlangen, einige Kursträger diese Anforderung nicht erreichen und Kurse mit vier oder fünf Teilnehmenden der Zielgruppe dann abgesagt würden. Infolgedessen müssten Arbeitsverhältnisse beendet werden. V. a. der ländliche Raum hat mit diesen Herausforderungen zu kämpfen. Die fehlende langfristige Planungssicherheit und eine mangelnde Perspektive für Dozierende, kurze Förderlaufzeiten und Kurslaufzeiten sowie eine Investition in eine unsichere Zukunft sorgen für ein Spannungsverhältnis der (ländlichen) Bildungsträger.
Bereitstellung und Erstellung von Lehrmaterial
Ralf Goerke arbeitet seit ca. 13 Jahren beim Internationalen Bund am Standort Görlitz, unter anderem als Kursleiter in Alphabetisierungs- bzw. Grundbildungskursen für Lesen und Schreiben. Er hat dabei unterschiedliche Erfahrungen in der Erwachsenenbildung gemacht. Einer seiner Lernenden besuchte einen Kurs, da er mehr Verantwortung im Beruf anstrebte. In diesem Fall war ein hohes Maß an Vorbereitungszeit für Goerke als Dozent notwendig. Vorhandenes Lehrmaterial in einfacher Sprache, zugeschnitten auf den Bereich Gärtnerei1, war jedoch für das Niveau des Lernenden nicht geeignet. Für die arbeitsorientierte Gb steht allerdings genau das im Vordergrund für Lehrende, wie positive Beispiele in der Pflegebranche oder Erfolge wie „NachgeDACHt“ von Arbeit und Leben e.V. (AuL) beweisen. Die ABC- Lernwerkstatt Oldenburg oder andere Volkshochschulen (vhs) haben Handreichungen und Lehrmaterialien für die Pflege entwickelt, auf die Dozierende zugreifen können. Die zu erstellende Lernmittel sollten auf das entsprechende Berufsfeld des Lernenden und den dazugehörenden Wortschatz angepasst sein. Doch nicht jedes Berufsfeld ist schon ausgeschöpft, sodass Lehrkräfte einen zeitlichen Mehraufwand für andere Berufsfelder haben. Die finanziell kalkulierten Mittel waren hier im Vergleich zum Arbeitsaufwand bisher nicht ausreichend.
Bei der individuellen Förderung von Lernenden ist eine größere Vor- und Nachbereitung nötig. Erschwerend hinzu kommen Dienstplanänderungen und kurzfristige Terminabsagen seitens der Lernenden. Wenn Dozierende finanziell von den Kursen abhängig sind, brauche es eine einheitliche Regelung, wünscht sich Goerke. Darunter zählt bspw., wer die ausgefallenen Unterrichtseinheiten (UE) bezahlt, bis wann die Lernenden absagen können und aus welchen Gründen eine Absage akzeptiert werden könne. Teilweise sei auch die Kommunikation mit den Lernenden schwieriger, da nicht alle Lernportale oder soziale Netzwerke nutzen. Auch die Motivation, Aufgaben zu Hause zu erledigen, sei nicht immer vorhanden, was sich negativer auf Lernerfolge auswirke. Sind Lernende beruflich tätig, können Kurse öfter auch erst nach der Arbeitszeit stattfinden, weshalb Dozierende flexible Arbeitszeiten benötigen. Goerke wünscht sich außerdem einheitliche Rahmenbedingungen zu den Lernorten. Teilweise können Dozierende nicht auf öffentlich zugängliche Schulungsorte zurückgreifen, weshalb auch das Zuhause der Lernenden oder Lehrenden infrage kommt. Es brauche öffentlich zur Verfügung stehende Räumlichkeiten für Kursangebote.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass einige Strukturen für Dozierende der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit in Sachsen bereits gut funktionieren. Dazu zählen bestehende Netzwerke zwischen Unternehmen und Bildungsträgern, Netzwerktreffen oder Lehrmaterialien nach dem open source-Prinzip und eine sichtbare Netzwerkkarte der Akteure auf der Website alfa-sachsen.de. Eine Chance für Dozierende bieten Lernplattformen oder Künstliche Intelligenz zur Unterrichtsvorbereitung oder um Zeitressourcen zu sparen. Während vor einigen Jahren noch Arbeitsmaterialien aufwendig zusammengetragen wurden, kann die KI heute in Sekundenschnelle individuelle Aufgaben oder Arbeitshefte für gering Literalisierte erstellen, zum Beispiel mit Hilfe der Suchmaschine KANSAS. Dennoch gibt es Herausforderungen, für die es einheitliche Lösungen braucht. Damit sind nicht nur die Bündelung finanzieller und personeller Ressourcen gemeint, sondern auch die bildungspolitische Verstetigung eines so tiefgreifenden Themas wie der Alphabetisierung und Grundbildung.
1 https://www.lernen-mit-evideo.de/jetzt-lernen-mit-evideo/industrie-handwerk/gartenhandwerk/
Quellenverzeichnis:
Arbeit und Leben Berlin-Brandenburg (o. J.). eVideo Lernwelt – Industrie & Handwerk Gartenhandwerk.
URL: https://www.lernen-mit-evideo.de/jetzt-lernen-mit-evideo/industrie-handwerk/gartenhandwerk/ (abgerufen am 03.04.2024).
DIE (2023). KANSAS. URL: https://www.kansas-suche.de/kansas/, lizensiert unter CC BY-NC-SA 4.0 DEED (abgerufen am 03.04.2024).
Grotlüschen, Anke; Buddeberg, Klaus (2019): LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität, Bielefeld, Deutschland: wbv Media GmbH & Co. KG.
Koalpha (2022): Qualitätsstandards für Kursangebote zur Alphabetisierung und Grundbildung gering literalisierter Erwachsener im Freistaat Sachsen, Chemnitz.
Sächsisches Staatsministerium für Kultus (2023): SMK-ESF-Plus-Richtlinie Bildungspotenziale lebenslanges Lernen 2021– 2027 vom 19. Mai 2022 (SächsABl. S. 631), die zuletzt durch die Richtlinie vom 17. November 2023 (SächsABl. S. 1523) geändert worden ist, enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2023 (SächsABl. SDr. S. S 287), Dresden, Deutschland.
Sächsisches Staatsministerium für Kultus (2024): Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über einen Teilnahmewettbewerb zu Vorhaben zur modellhaften Erprobung regionaler Grundbildungszentren, Dresden, Deutschland.
Ein Blick in die ZukunftBedeutung und Stellenwert von Grundbildungsarbeit
Hier sind vor allem Beschäftigte mit geringer Lese- und Schreibkompetenz in hohem Maße davon bedroht, nicht mehr Schritt halten zu können und geraten noch stärker unter Druck. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken und die Alphabetisierung Erwachsener voranzutreiben, müssen Grundbildungsangebote zukünftig noch mehr Teil der betrieblichen Weiterbildungsstrategie sein.
Schon gewusst?!#Digital Literacy
Praxisbericht Herausforderungen von KMU in einer sich verändernden Welt Wie eine Digitalisierung von Arbeitsfeldern und Tätigkeitsaufgaben durch AoG in der Belegschaft vermittelt werden kann
Praxisbericht Herausforderungen von KMU in einer sich verändernden Welt Wie eine Digitalisierung von Arbeitsfeldern und Tätigkeitsaufgaben durch AoG in der Belegschaft vermittelt werden kann
Soll das Produkt oder die Dienstleistung verkauft werden oder eine Vergütung pro Nutzung erfolgen, einmalig oder im Abonnement. Ist überhaupt das Produkt bzw. die Dienstleistung Geschäftszweck oder nur der Zugang zu selben. Danach diversifizieren die Vertriebskanäle, vom Direktvertrieb und der eigenen Webseite inzwischen zu Multishops und Verkaufsplattformen. Welchen Einfluss haben social Media Kanäle auf den Absatz von Produkten und Dienstleistungen. Ist für die Gebäudereinigung ein Facebook Account wichtiger als die gelben Seiten im Netz? Aufgrund von immer und überall verfügbaren Informationen unterliegen Besonderheiten im Produkt- oder in der Dienstleistung jederzeit dem direkten Vergleich und aufgrund der digitalen Vertriebskanäle viel stärker einem überregionalen Wettbewerb.
Dies ist sowohl Risiko als auch Chance gleichzeitig. Eine gute Geschäftsstrategie schließt immer mehr das Marketing und die gewünschte Reichweite mit ein. Dazu kommen äußere Rahmenbedingungen in Form von immer höheren gesetzlichen Vorgaben, dazu steigende Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Produkte und Dienstleistungen. Zu erklären ist auch für KMU, inwieweit die jeweilige Geschäftstätigkeit den gesellschaftlichen Nachhaltigkeitszielen dient. Was heißt Digitalisierung in KMU Eine Vielzahl dieser zusätzlichen Anforderungen wird digital umgesetzt. Die Unternehmen sind zunehmend berichtspflichtig über Webplattformen, von der digitalen Rechnungslegung bis zur Steuererklärung. Einkauf und Verwaltung erfolgen auf Basis von Software „as a service“. Wer ist Eigentümer der Daten? Wo liegen diese überhaupt? Ist das eigene Webprofil, der Mailservice zu Kunden, die gekaufte, gemietete oder selbst geschriebene Software gegen Cyberangriffe geschützt. Wie werden Zugangsschlüssel verwaltet? Die klassische Produktherstellung oder Dienstleistung rückt dabei gefühlt in den Hintergrund. Insbesondere wird der klassische „Meister“ als Erfahrungsträger zunehmend ergänzt, oder sogar ersetzt durch KI-Anwendungen, hier im speziellen durch den automatisierten Vergleich mit schon erzeugten Produkten oder Dienstleistungen. Daraus entstehen Handlungsempfehlungen, die deutlich schneller, oftmals auch besser sind als das bisherige Erfahrungswissen, dass der Geschäftsumsetzung zugrunde liegt.
Wie sich Arbeitsfelder digitalisieren Zusammengefasst lassen sich zwei Trends abbilden: Erstens steigt der digitale Anteil in allen Arbeitsfeldern. Das Vermessen des Dachstuhls per Drohne entlastet den Zimmerer. Gleichzeitig überwacht es die Arbeitsausführung. Bis die Drohne den Dachziegel selbst auf das Dach hebt, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Zweitens steigt die Geschwindigkeit der Arbeitsumsetzung aufgrund der digitalen Helfer immer weiter, oft verbunden durch einen höheren Anteil an Bildschirmarbeit. Diese digitalen Helfer führen gleichzeitig zu ständig steigenden Anforderungen an die Abstraktionsfähigkeit und insbesondere an die Kognition der Ausführenden. Im Ergebnis kommt es zu Veränderungen in der Stressbalance, heute schon sichtbar durch den steigenden Anteil an psychisch verursachten Arbeitsausfällen. Beide Trends beschleunigen sich in den kommenden Jahren weiter, basierend auf immer größerer Rechenleistung bei der Datenverarbeitung und immer höheren Geschwindigkeiten in der Datenübertragung. Vermittlung durch arbeitsorientierte Grundbildung Das Problem heute besteht darin, dass die steigende Digitalisierung in hoher Geschwindigkeit abläuft.
Die klassische Schulausbildung kann nur noch Grundlagen vermitteln. Berufsbilder können aufgrund fehlender inhaltlich ausgebildeter Lehrkräfte sowie der bestehenden Anforderungen an vergleichbare Prüfungsvorgaben nicht in der notwendigen Geschwindigkeit angepasst werden. Gleichzeitig verändert sich das Potential und das Profil verfügbarer Arbeitskräfte gerade für kleine- und mittlere Unternehmen. Angefangen von einem deutlich höheren interkulturellen Querschnitt hin zu immer weiter auseinanderdriftender Beherrschung der Grundfunktionen. Rechtschreibassistenten, Speech to Print Software, Bevorzugung von visuellen zu audiblen Formaten führen hier in den kommenden Jahren zu einer weiteren Verschlechterung der Grundfertigkeiten in den Unternehmen. Einziger Lösungsansatz ist die Stärkung der arbeitsorientierten Grundausbildung. Dabei müssen Lernnuggets entstehen, die viel spezifischer als bisher die unterschiedlichen Themenfelder umfassen und schnell auf die jeweilige Unternehmenswelt adaptierbar sind. Beispiele sind das notwendige individuelle Sprachtraining in Arbeitsfeldern mit realem Kunden-Kontakt im Vergleich zu solchen, die digitalisiert sind durch Chatbots, oder auch das verstehende Hören und Interpretieren von Kundenanforderungen, die mündlich vorgetragen werden versus der KI gestützten Analyse von Emails. In besonderem Maße benötigen die Softwaretools im Bereich Social Media eine spezifische Grundausbildung. Während viele Jugendliche unterschiedliche Tools aus dem privaten Umfeld kennen, divergiert bei diesen schon die Kompetenz in der individuellen Nutzung erheblich. Im konkreten Unternehmensumfeld wird an die Nutzung dieser Tools nochmal andere Anforderungen gestellt, angefangen vom Datenschutz bis zur sprachlichen und visuellen Umsetzung im Sinne des Unternehmens-CI. Hier ist nicht nur eine spezifische Kompetenz in der Nutzung durch die Menschen im Unternehmen notwendig, sondern gleichzeitig eine Kompetenz in der jeweiligen Entscheidungsebene beim Einsatz dieser Tools. Ausblick Während große Unternehmen häufig durch eigene Spezialisten im Bereich Personal oder Recruitment vorhandene Defizite erkennen und systematisch abbauen, ist das Verständnis für die arbeitsorientierte Grundausbildung in vielen kleinen- und mittleren Unternehmen erst noch zu schaffen.
Der aktuelle Arbeitskräftemangel führt zu einer steigenden Diversifikation der Mitarbeitenden in den Unternehmen. Gleichzeitig verändern sich die Entscheidungskriterien für Menschen, sich für ein Unternehmen zu entscheiden. Neben Wohnortnähe, flexiblen Arbeitszeiten und Entlohnung kommt die spezifische Einarbeitung in die Anforderungen der Tätigkeit als wesentliches Entscheidungskriterium hinzu. Eine arbeitsplatzorientierte Grundausbildung kann hier die Attraktivität gerade von kleinen Unternehmen erhöhen. Zunehmend fühlen sich Menschen in der immer stärker werdenden Informationsgesellschaft unsicher. Ein Unternehmen, dass in die Grundausbildung investiert, wird mit einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeitenden, sowohl der Neuen als auch der schon im Unternehmen Beschäftigten belohnt und senkt dabei gleichzeitig die Kosten durch Fluktuation und Arbeitsausfall.
Informationen zum RKW Sachsen finden Sie unter: https://www.rkw-sachsen.de/
Grundbildung nachhaltig im Unternehmen verankern Kriterien für eine langfristige Verankerung von AoG im Weiterbildungskontext von KMU Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
Grundbildung nachhaltig im Unternehmen verankern Kriterien für eine langfristige Verankerung von AoG im Weiterbildungskontext von KMU Ein Beitrag von Tony Strunz – ARBEIT UND LEBEN Sachsen
Unmittelbar und passgenau
AoG kann nur dann dauerhaft und zielgerichtet wirken, wenn die Unterstützungsangebote unmittelbar und passgenau vor Ort zur Anwendung kommen (können). Viele Geschäfts- und Personalleitungen der KMU kennen zwischen den tagtäglichen Herausforderungen aus schwankenden Auftragslagen, schwer kalkulierbaren Materiallieferungen und Sonderwünschen von Auftraggebern meist nur diffus die inhaltlichen Weiterbildungsbedarfe innerhalb der Belegschaft. Häufig ist Ihnen auch nicht bewusst, dass fehlende, oder nicht ausreichende Grundkompetenzen in den Bereichen berufsbezogenes „Lesen“, „Schreiben“ und „Rechnen“ die Ursache für wiederkehrende Fehlbedienungen, Ungenauigkeiten, oder Unterlassungen seien können. Nach einer gründlichen Fehleranalyse kann es aber im Verbund mit einem Partner der AoG gelingen, fehleranfällige Arbeitsweisen anzupassen, bisher ungenutzte Potentiale besser einsetzen zu können und neue Kompetenzen (Stichwort: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz) innerhalb der Belegschaft zu fördern.
AoG als ein „Investment“ in die Kompetenzen der Belegschaft
Angebote der AoG müssen zukünftig einen festen Platz bei der arbeitnehmerfokussierten Weiterbildungsstrategie von KMU einnehmen, da ein ausschließliches „Investment“ in voll digitalisierte Produktionsanlagen, bzw. Maschinen mit einer zunehmend größer werdenden KI-Unterstützung nicht ausreichen. Ebenso müssen alle Beschäftigten des Unternehmens bei der Entwicklung neuer Produkte, oder dem Controlling von automatisierten Prozessen über das ausreichende Maß an (Grund-)Kompetenzen verfügen, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Eine einmalige theoretische, wie berufspraktische Erstausbildung zu Beginn des Erwerbslebens wird für viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht mehr ausreichen. Im Verbund mit Partnern wie ARBEIT UND LEBEN gilt es deshalb tragfähige Weiterbildungskonzepte unter Einbindung von AoG zu entwickeln und umzusetzen.
AoG als Faktor bei der Rekrutierung und der Sicherung von Fachkräften
KMU können sich bei der vollziehenden Anpassung des Arbeitsmarkts hin zu einem Arbeitnehmermarkt nicht mehr darauf verlassen, dass zuverlässige und kompetente Fachkräfte sich in ausreichender Zahl ohne eigenes Engagement bei ihnen bewerben. Zur Steigerung der eigenen Attraktivität sowie der gesamten Arbeitgebermarke wird es relevant, individuelle Weiterbildungsangebote auch in basalen Themenbereichen mitzudenken und neuen Kollegen und Kolleginnen bei Arbeitsbeginn, bzw. bereits zum Zeitpunkt der Rekrutierung in Aussicht zu stellen. Im Verständnis einer für beide Seiten erfolgreichen Sozialpartnerschaft steht die Verankerung und Inanspruchnahme von AoG „im Lastenheft“ aller Akteure des beruflichen Umfelds. ARBEIT UND LEBEN als Experte für AoG leistet dazu gern seinen Beitrag und versteht es als Angebot und Auftrag an die KMU, deren Beschäftigte im Sinne eines „Empowerment“ an zukünftigen beruflichen Herausforderungen teilhaben zu lassen. Dies fördert zudem die Mitarbeiterbindung und die Identifizierung mit dem Unternehmen und kann ein Faktor seien, einem hohen Personalwechsel entgegen- und auf eine verlässliche Belegschaftsbasis hinzuwirken. Eine Anerkennung der eigenen Leistung und die Sicherheit, auch mit eigenen Schwächen im Betrieb umgehen zu können und Unterstützung zu erfahren, spielt für viele Kollegen und Kolleginnen im ländlichen Raum eine große Rolle. Viele Beschäftigte verstehen ihr Unternehmen als Teil ihres sozialen Netzwerkes und ziehen neben ihrer Entlohnung ein großes Stück Lebensqualität aus ihrem beruflichen Umfeld. Wichtig bleibt des Weiteren, dass viele KMU gegenüber regionalen Kunden und Auftraggebern durch Ihre Belegschaft und deren Verständnis für das Unternehmen wahrgenommen werden. Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der KMU im ländlichen Raum ist es deshalb notwendig, die stete Weiterentwicklung der beruflich benötigten Grundkompetenzen bei den Kollegen und Kolleginnen als Arbeitgeber voranzutreiben.
Fördermöglichkeiten zur Weiterentwicklung der Belegschaft im Bereich der AoG
Die Herausforderungen an KMU in ländlich geprägten Regionen, und die sich daraus ableitenden Anforderungen an deren Belegschaft, sind so divers und heterogen, dass es notwendig wird, eigene Förderangebote von Seiten des Bundes und der Länder konkret für diese Zielgruppe anzubieten. Der Gegenstand der Förderung darf sich dabei nicht nur auf beratende Angebote konzentrieren, da diese im ersten Schritt zwar richtigerweise den individuellen Bedarf des Unternehmens, wie dessen Belegschaft erheben können. Die sich sinnhafterweise daran anschließenden Weiterbildungsangebote bleiben im Weiteren von einer Förderung aber meist unberücksichtigt. Besonders wenn die Schulungsangebote „gering Literalisierte“, bzw. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit unausgeschöpften Potentialen und Möglichkeiten adressieren, ist es im Sinne einer ganzheitlichen und nachhaltigen Förderung notwendig, Weiterbildungsmöglichkeiten der berufsbezogenen Grundbildung ausreichend finanziell auszustatten. Der gesamtgesellschaftliche Nutzen überwiegt dabei die eingesetzten finanziellen Mittel bei weitem, da die Arbeit für und mit den Kollegen und Kolleginnen zum Ergebnis hat, dass diese auch zukünftig ihre Arbeit anforderungsgerecht umsetzen können und damit als selbstbestimmte und motivierte Fachkräfte ihren gesellschaftlichen Beitrag leisten können und wollen. Eine lange Phase der Arbeitslosigkeit belastet die Arbeitnehmer*innen individuell wie auch die Sozialkassen allgemein in größerem Umfang. Zum einen nimmt mit fortschreitender Arbeitslosigkeit die Demotivation auf Seiten der Beschäftigten zu und das Interesse an der Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit sinkt. Zum anderen benötigt ein passgenauer und bedarfsgerechter Kurs der berufsbezogenen Grundbildung im Umfang von ca. 20 UE deutlich weniger finanzielle Mittel, als eine z.T. jahrelange Unterstützung des Einzelnen im Rahmen des SGB II &III. Als weiteren und nicht zu vernachlässigen Aspekt ist festzuhalten, dass die langjährige Projektpraxis bewiesen hat, dass die kooperierenden KMU unmittelbare Hilfe vor Ort in Form von vertrauensvollen Partnern der AoG wie ARBEIT UND LEBEN wollen und benötigen. AoG-Angebote als „Hilfe zur Selbsthilfe“ für KMU wie Arbeitnehmer*innen finanziell zu unterstützen, führt somit im Ergebnis zu einer mehrfachen Win-Win-Situation.
Weiterentwicklung von Arbeitsplätzen benötigt AoG und „Future Skills“
Weiterhin ist konstatieren, dass neben den individuellen Ausgangslagen und Fähigkeiten der Beschäftigten, auch die strukturellen Veränderungen der Arbeitsplätze im Hinblick auf vielfältigere und intellektuell herausforderndere Tätigkeiten eine Notwendigkeit für AoG-Angebote formuliert: immer häufiger wird von den Arbeitnehmer*innen erwartet, dass diese mehrere Kompetenzbereiche (bspw. fach- und berufsbezogenes Lesen und Schreiben, Kommunikation mit Kunden und Stakeholdern, oder digitales Controlling) im Arbeitsalltag fehlerfrei miteinander kombinieren können. Dies kann nicht ad hoc und quasi „über Nacht“ vorausgesetzt werden, sondern bedarf Möglichkeiten, die dafür notwendigen Kompetenzbereiche unter professioneller Anleitung zu reaktivieren, weiterzuentwickeln und ggf. kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Ein weiterer wichtiger „Baustein“ für die Weiterentwicklung von modernen Arbeitsplätzen liefert das Konzept der sogenannten „Future-Skills“. Jenseits der elementaren und fachbezogenen Berufskenntnisse wird erwartet, dass die Arbeitnehmer*innen im 21. Jahrhundert diese im Kontakt mit Kolleg*innen und Kunden anwenden können. Die Rede ist dabei von Fertigkeiten wie einer ausgeprägten Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit, ein sicheres Maß an technischer Kompetenz und Informationsverarbeitung, sowie ein gutes Niveau an interkultureller Kompetenz (welche gerade für die reibungslose Zusammenarbeit in heterogenen Teams immer wichtiger wird). Neben den „klassischen“ Kompetenzbereichen der AoG „gesellen“ sich eben jene „Future Skills“ hinzu und erweitern den Anforderungskatalog für die Arbeitnehmer*innen signifikant, wenn diese auch zukünftig beruflich erfolgreich seien wollen. Grundbildung als ein basal wirkender Weiterbildungsansatz erkennt die damit verbundenen Herausforderungen für die Betroffenen und versteht seine Angebote als langfristige Investition in die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Beschäftigten. Ausgestattet mit dem nötigen zeitlichen wie finanziellen Spielraum für Wiederholungen, Wissensvermittlung und dem „Entdecken“ von neuen Aufgabenstellungen, nimmt die AoG im Konzept des „Lebenslangen Lernens“ eine wichtige Rolle ein.
ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V.BasisKomNet & MENTOproProjekte des Fachbereichs Politische Bildung/ Grundbildung
Redaktion:
Miro Jennerjahn (verantwortlich)
Marc Scheibner
Stefan Albert
Tony Strunz
Dresden 2024
BasisKomNet (2021-2024) wird im Rahmen der "Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026" mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen W1488AOG).
MENTOpro (2021-2024) wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen W1489AOG ).
Projekt-Porträt BasisKomPlus – Basiskompetenz am Arbeitsplatz stärken! BasisKomPlus bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Beschäftigten zu arbeitsplatzbezogenen Grundbildungsthemen zu qualifizieren.
Projekt-Porträt BasisKomPlus – Basiskompetenz am Arbeitsplatz stärken! BasisKomPlus bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Beschäftigten zu arbeitsplatzbezogenen Grundbildungsthemen zu qualifizieren.
(Dokumentation der getätigten Arbeit, Umgang mit Unfällen am Arbeitsort, Handlungsvorgaben nach wissenschaftlichen Vorgaben) bis hin zu mehrwöchigen Schulungsblöcken, welche einmal pro Woche im Intensiv-coaching gezielt ganze Grundbildungsfelder, wie z.B. die Schriftsprache im Berufsalltag, verbessern.
› Anhand erprobter Instrumente werden die Basiskompetenzen
ausgewählter Beschäftigter erfasst.
› Die sich daraus ableitenden Grundbildungsbedarfe werden in individuell erstellten Bildungsplänen aufgefangen und fachpädagogisch verbessert.
Neben dem besseren Verständnis und Umgang mit betrieblichen Anforder-ungen, hilft ein Zugewinn an Grundbildung, Unsicherheiten bei den Be- schäftigten abzubauen und selbstsicherer zu kommunizieren. Gleichzeitig wird der Arbeitgeber über die kostenfreien Angebote von ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V. in die Lage versetzt, einen langjährigen und geschätzten Beschäftigten oder eine junge, talentierte Nachwuchskraft langfristig im Unternehmen zu halten und darüber hinaus betriebsintern weiter fördern zu können.